Sonntag, 23. November 2008

MAX PAYNE (USA, 2008) - Kurzreview


Zuerst das beste: Das Spiel wird sehr ernst genommen und man hält sich eng an die darin geschilderten Ereignisse. Die erste Hälfte überzeugt in diesem Sinne durch eine dunkle Stimmung und überrascht mit Fokus auf die düstere Story statt einer unmotivierten Aneinanderreihung von Bullet-Time-Aufnahmen. Meiner Meinung nach bewerkstelligen es die Filmemacher, den Comic-Look auch ohne Schwarz-Weiss-Filter und Green-Screen-Aufnahmen zu verwirklichen.
Besonders positiv will ich hier auch die eindrucksvolle Ästhetik erwähnen, als Max Payne unter Halluzinationen auf seinem Rachefeldzug durch das postapokalytptische New York schreitet - unter einem brennendem, von Dämonen besetzten Himmel.
Die Figuren sind durchgängig mit bekannten Gesichtern besetzt, welche aber alle ausnahmslos hervorragend zu den vom Spiel vorgegebenen Figuren passen (vor allem die Besetzung des überforderten Anwalts mit Chris O'Donnell erscheint mir sehr clever). Mark Wahlberg hat mich in der Rolle des titelgebenden Max Payne zum ersten Mal zufrieden gestellt - ausser in der Szene, in der er weinen muss ... naja, besser als ich erwartet habe.
Leider erscheint mir der letzte Drittel des Films nicht mehr so stimmig. Hier wird mir zuwenig eindrucksvolle Action geliefert, als dass der Film es sich erlauben darf, plötzlich völlig auf Story zu verzichten. Ein richtig martialistischer Showdown fehlt eigentlich völlig. Wieso wurde nicht das apokalyptische Szenario mit Bullet-Time-Action verbunden und so etwas völlig einzigartiges kreiert?
Nicht nur aufgrund des nicht vorhandenen Finales fehlen dem Film schlicht noch die Höhepunkte. Vor allem der Mord an der Familie von Max Payne ist meiner Meinung nach zu harmlos geworden. Ich finde es ja lobenswert, dass nicht reisserisch auf exzessive Gewalt gesetzt wurde, aber wenn man ein solches Ereignis so "zurückhaltend" aufziehen will, muss umso mehr der Schauspieler in seinen Bann ziehen. Genau in dieser Szene vermag aber Wahlberg nicht zu überzeugen. Ich bleibe beim auslösenden Ereignis eher draussen.
Leider ist auch der obligatorische (das Spiel besteht NUR aus Bullet-Time!) Einsatz der Bullet-Time eher mangelhaft ausgefallen. Im Club Ragna Rok (Typ zerschiesst Valkyre-Fläschchen) wirkt sie völlig depaltziert, schreit dafür umso mehr bei der Flucht aus dem Aegis-Gebäude (Geisel wird erschossen) vergeblich nach ihrem exzessiveren Einsatz.

Grosser Tipp: Bleibt bis nach dem Abspann!

Fazit: Fans der Games dürfen sicherlich einen Blick wagen, sollten aber keinesfalls einen Bullet-Time-Overkill erwarten. Der Film punktet eher durch story- und figurentechnische Werktreue. Da mir trotzdem die Höhepunkte in dem Film fehlen, gibts nur drei von sechs Punkte, also ein durchschnittlich.

Samstag, 22. November 2008

Das Schwinden printmedialer Videozeitschriften

Nachfolgend kommt noch meine schriftliche Übung, die ich vor ein paar Wochen am Institut für Publizistikwissenschaft und Medienforschung der Universität Zürich (IPMZ) abgegeben hab. Dabei handelt es sich um eine reine Literaturarbeit zum Einfluss des Internets auf den Bereich der Videospielzeitschriften. Die Arbeit ist inzwischen angenommen worden und ich hab die letzten Korrekturen durchgeführt. Viel Spass!


1 Wachsende Popularität des Mediums versus schwindende Leserzahl der Zeitschriften

Laut einer PricewaterhouseCoopers-Studie von 2008 wird der internationale Videospielemarkt bis 2012 „mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 10,3 % auf 68,3 Milliarden US-Dollar zulegen.“ Am schnellsten wachsen die Märkte in Europa und Asien. Als zweitgrösster Markt in Europa wurde 2007 in Deutschland ein Umsatz von 2,5 Milliarden Dollar erreicht, der sich Schätzungen zufolge bis 2012 auf 4,1 Milliarden Dollar steigern soll (vgl. PricewaterhouseCoopers 2008).

Der Verkaufsstart des Videospiels „Halo 3“ beispielsweise, das bisher ausschliesslich auf der Spielkonsole „XBOX 360“ erschien, erwirtschaftete allein in den USA 170 Millionen Dollar bei geschätzten 30 Millionen Produktionskosten (vgl. Dasgupta 2008). Damit hat das Videospiel nicht nur den erfolgreichsten Verkaufsstart eines Produktes im gesamten Unterhaltungsbereich in den USA erreicht, sondern dort ebenfalls die Einnahmen des erfolgreichsten Kinostarts, jenen von „The Dark Knight“, der 158 Millionen einspielte und 185 Millionen kostete, hinter sich gelassen (vgl. Box Office Mojo 2008).1

In diesem Sinne überrascht es, dass der Videospielemarkt in Deutschland in den letzten Jahren zwar enorm gewachsen ist, die Verkaufszahlen von printmedialen Videospielezeitschriften sich aber zwischen 2004 und 2008 nahezu halbiert haben (vgl. IVW 2008)2. Deshalb stellt sich in dieser Arbeit die zentrale Forschungsfrage, welche Faktoren dazu geführt haben mögen, dass die Zeitschriftenabsätze derart eingebrochen sind. Des weiteren drängt sich die Frage auf, wie es um die Zukunft der Printmedien bestellt ist.

Zur Beantwortung dieser Fragen zunächst werden in Kapitel 2.1 in einem ersten Schritt der Wandel des Internet in das Web 2.0 und dessen technische, ökonomische und soziale Auswirkungen auf die Medienlandschaft erläutert. Es folgt die Erörterung der prinzipiellen Unterschiede zwischen printmedial und digital in Kapitel 2.2, sowie die diese Unterschiede verstärkende Wirkung der Gemeinsamkeiten der Medien Videospiel und Internet in Kapitel 2.3. Als nächstes wird in Kapitel 2.4 beschrieben, was dies für die Werbetreibenden, Nutzer, Produzenten und Redaktionen konkret bedeutet. Abschliessend wird in Kapitel 3 eine Zusammenfassung und Bewertung der Lage sowie ein Ausblick auf die zukünftigen Entwicklungen im Bereich Videospielezeitschrift gegeben.



2 Faktoren der Printmedienrezession

2.1 Web 2.0 – von der „Informations-Plattform“ zur „Mitmach- Plattform“

In den letzten Jahren hat die Nutzung und Wahrnehmung des Internet einen Punkt überschritten, an dem nicht mehr nur die Informationsbeschaffung, der reine Konsum von Medienangeboten im Sinne einer einseitigen Kommunikation im Zentrum steht. Es wird nun von der breiten Masse her ebenfalls die aktive Beteiligung, die globale soziale Interaktion praktiziert. Aus der reinen „Informations-Plattform“ Web 1.0 ist die „Mitmach-Plattform“ Web 2.0 geworden (vgl. Stanoevska-Slabeva 2008: 14).

Laut Schilling und Reichart verändern vor allem zwei Kräfte die Wirkungsweise und den Gebrauch des Internet und dadurch die ganze Medienlandschaft: Digitalisierung und wachsende Bandbreite (vgl. Schilling/Reichart 2007: 336f.). Drei Phänomene sind direkt damit verbunden und untereinander verwoben:

1. Technik: Die sich fortsetzende und zunehmend unübersichtlicher werdende Medienexplosion wird flexible Portale und vertikale Suchmaschinen noch wichtiger machen (vgl. Schilling/Reichart 2007: 337). Mrazek betont, dass dies auch eine Chance für Qualitätsjournalismus darstellt (vgl. Mrazek 2007: 57).

2. Ökonomie: Mit der Digitalisierung, der Übertragung von analogen in digitale Daten, erfolgt eine Zentralisierung auf Computertechnologie und damit eine systematische Vereinfachung der Ver- und Bearbeitung von Daten. Digitalisierung erlaubt es deswegen dem Nutzer in verstärktem Masse, selbst Angebote zu produzieren. User-generated content wie Blogs, Wikis oder Podcasts werden auch für den Videospielsektor in zweifacher Hinsicht wichtiger werden (vgl. Schilling/Reichart 2007: 337). Erstens weil es sich theoretisch einfacher produzieren lässt. Zweitens weil sich die produzierten Inhalte durch das weitgehende Fehlen von Publikationsschranken im Internet einfacher verbreiten lassen als in klassischen Medien. Trotzdem ist solches Schaffen nach wie vor strukturellen Nachteilen unterworfen. So kommunizieren Videospieleentwickler bis zur Veröffentlichung des Produktes immer noch fast ausschliesslich mit professionellen Zeitschriftenredaktionen.

3. Soziales: „Drittens geht mit der Digitalisierung eine verstärkte, direkte Interaktion zwischen den Rezipienten einher. Diese schliessen sich über die interaktiven Medien in Form von Media Communities zu bestimmten Themen, Interessen und Lebensbereichen zusammen und tauschen sich aus“ (Schilling/Reichart 2007: 337). Auch in diesem Zusammenhang ist User-generated content ebenso von Bedeutung.

Insgesamt ist im Redaktionsgeschäft die Macht der Konsumenten durch die Verbreitung des Internet ebenso drastisch gestiegen wie der Erfolgsdruck für die Produzenten. Denn noch nie konnte der Konsument aus einer derartigen Fülle an Angeboten frei auswählen und über Rückmeldungen direkt auf der Internet-Präsenz, Social Communities oder selbständiges Schaffen so direkt auf die Angebotsgestaltung von Redaktionen Einfluss nehmen (vgl. Kempf/Pape/Quandt 2007: 332f.). Der Wandel zum Web 2.0 ist in diesem Sinne eng verknüpft mit dem Rückgang der Absatzzahlen im Printwesen und beides gründet auf den fundamentalen Stärken des Kommunikationsraumes Internet, welche im folgenden Kapitel erläutert werden sollen.


2.2 Printmedial versus Online

„Das World Wide Web hat in wenig mehr als einem Jahrzehnt die scheinbar stabile Topographie der Medienlandschaft in Unordnung gebracht“ (Dirscherl/Eichhorn 2007: 391). Ausgangspunkt für diese alles durchdringende Kraft zur Veränderung sind seine allgemeinen spezifischen Vorteile gegenüber anderen Medien. Walther meint dazu treffend: „Das Internet wird zum Leitmedium, weil es so schnell wie das Radio ist, so visuell wie das Fernsehen, besser in die Tiefe gehen kann als die Zeitung und interaktiv ist.“ Zunächst sollen jedoch kurz die Stärken von Printmedien erläutert werden (vgl. Walther 2006: 18).


2.2.1 Vorteile Printmedial

Materielle Zeitschriften haben den Vorteil, dass sie generell mobiler und ergonomischer sind als digitale Angebote. Man kann Zeitschriften überall hin transportieren und sie ohne jegliches technische Hilfsmittel konsumieren, während Online-Angebote stets direkt abhängig von elektronischen Daten- und elektrischen Energiespeichern (wie z.B. Akkus) bzw. Energienetzen (Stromanschluss) sind. Des weiteren bieten analoge Medien gegenüber digitalen Inhalten eine wesentlich bessere Lesbarkeit und Übersichtlichkeit. Printmedien sind deshalb, zumindest für absehbare Zeit, den digitalen Medien hinsichtlich Haptik, Disponibilität, Übersichtlichkeit und Lesbarkeit überlegen. (vgl. Dirscherl/Eichhorn 2007: 393). Fasel betont zusätzlich, dass Printmedien aufgrund ihrer Gegenständlichkeit in stärkerem Masse Identität stiften als virtuelle Zeitschriften. Erstens berühren sie direkt die Sinne des Lesers und zweitens begleiten sie ihn auch in seine Umwelt ausserhalb des Internets und werden somit zu einem Teil seines Selbstbildes (vgl. Fasel 2007: 242f.).


2.2.2 Vorteile Online

Das Internet bringt eine hohe Anzahl von Vorteilen mit sich. So verfügen Online-Inhalte verglichen mit printmedialen Informationsträgern über eine deutlich überlegene Aktualität. Während Videospielmagazine nur jeden Monat, bestenfalls alle zwei Wochen erscheinen, werden neue Informationen im Internet im Minutenabstand veröffentlicht. Dabei sind der Zugänglichkeit dieser Informationen keinerlei geographische Grenzen gesetzt, da sie von jedem entsprechenden Anschluss aus direkt verfügbar sind. Dieser Punkt des Anschaffungsaufwands kommt vor allem bei Auslandskunden von Printmedien und Nutzern aus ländlicheren Gebieten zum Tragen. Ausserdem bedeutet die Informationsbeschaffung fast keinen Kostenaufwand, jedenfalls verglichen mit dem Preis einer Zeitschrift, weil die Inhalte selbst in den meisten Fällen mit keinen direkten Kosten verbunden sind.

Durch die Digitaltechnologie wird Online-Inhalten darüber hinaus eine für Printmedien unerreichbare Multimedialität ermöglicht, was dazu geführt hat, dass das Internet auch als Hybridmedium bezeichnet wird. Es können alle Medienarten bzw. das jeweils geeignetste Medium zum Einsatz gebracht werden, während Zeitschriften ausschliesslich text- und bildbasiert sind.3 Ebenso verhält es sich mit dem Mehrwert durch Hyperlinks. „Jede Information im Internet lässt sich mittels Hyperlinks mit jeder anderen Information im Netz verknüpfen“ (Dirscherl/Eichhorn 2007: 394). Nicht zuletzt durch die Verlinkung ist der potentiell grössere Umfang von Online-Angeboten zu verstehen. Während unter anderem aufgrund der vielen Gratiszeitungen in ganz Europa der Papierpreis jährlich um etwa 5% steigt und einen vergleichsweise engen finanziellen Spielraum für die Zeitschriftenverlage schnürt, bringt zusätzlicher Speicherplatz auf einem Server fast keinen zusätzlichen Kostenaufwand mit sich (vgl. Walther 2006: 20). Auf diese Weise können dem Nutzer ferner das gesamte Zeitschriftenarchiv inklusive Volltextsuche kostenlos online zugänglich gemacht werden, was gerade der Kehrseite der praktisch unlimitierten Speicherkapazität entgegenwirkt, nämlich der Tendenz zur informationellen Überflutung4. In diesem Sinne stellt ein sauber strukturiertes und verlinktes, umfassendes Archiv ein mächtiges Instrument zur Kundenbindung dar (vgl. Dirscherl/Eichhorn 2007: 395).

Klassische Medien funktionieren über einen im weitesten Sinne passiv konsumierenden Zuschauer. Wie in Kapitel 2.1 bereits angesprochen, erlaubt das Internet dem Nutzer verstärkte Interaktivität. Der Leser wird weit über die blosse Rezeption hinaus aktiv und kann sich zum Publizierten in Foren und Chatrooms zumeist direkt auf der Internet-Präsenz der Zeitschrift viel uneingeschränkter äussern und einbringen, als ihm dies über Leserbriefe, Umfragen und Abstimmungen möglich ist. Schliesslich werden die meisten Leserbriefe durch die Redaktionen ausgefiltert, während im Internet alle Posts, welche die allgemeinen Grundsätzen der Foren wahren, öffentlich zugänglich sind (vgl. Dirscherl/Eichhorn 2007: 394).

Schliesslich ermöglicht das Internet ohne wesentliche Mehrkosten auch die Personalisierung des Produktes, was, sobald dies einmal angemessen angeboten wird, ein weiteres wichtiges Argument für Online-Inhalte werden kann (vgl. Dirscherl/Eichhorn 2007: 395).


2.3 Medienimmanente Nähe der Videospiele zum Internet

Nicht allein die allgemeinen Vorteile des globalen Netzes haben zur Rezension in der Branche der Videospielezeitschriften geführt, sondern wurden unterstützt von einer immanenten „Nähe“ des Mediums Videospiel zum Internet. Diese ergibt sich weniger durch die Gemeinsamkeit der Interaktivität der beiden Medien, sondern dadurch, dass das Internet der offizielle Distributionsplattform für wichtige Spieleinhalte ist. So war schon Mitte der 90er Jahre das Internet die offizielle Distributionskanal von Patches5, Mods6 und allfälligen offiziellen zusätzlichen Spieleinhalten.7 Wichtig ist in dieser Hinsicht ebenfalls die Notwendigkeit der so genannten Online-Aktivierung8 einiger Spiele, vornehmlich PC-Spiele, ohne diese nicht gespielt werden kann. Ausserdem gibt es heutzutage nicht nur im PC-Bereich Online-Shops, von welchen die Spiele nach dem Erwerb direkt runtergeladen werden können.

Schlussendlich ist bereits seit der 6. Konsolengeneration Ende der 90er Jahre fast jede Konsole standardmässig mit einem Internet-Anschluss ausgerüstet, was vor allem durch die Möglichkeit des gemeinsamen Spielerlebnisses, also durch das soziale Potential von Spielen, motiviert war. Heutzutage verfügt in diesem Sinne fast jedes Videospiel über Online-Features wie einen Multiplayer-Part, wohingegen sich Spiele auf Konsolen der 5. Generation vorwiegend auf einen Single-Player-Modus beschränkten.

Nicht nur die Beschaffung von Spieleinhalten ist somit oftmals direkt mit dem Gebrauch des Internet verbunden, sondern auch der Konsum des Produktes.


2.4 Konsequenzen für die Videospielezeitschriften

Laut Vogelsang und Fischer manifestieren sich die Auswirkungen der oben genannten Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten für die Werbungtreibenden, Nutzer, Produzenten und Redaktionen wie in den folgenden Unterkapiteln beschrieben (vgl. Vogelsang/Fischer 2007: 518ff.).


2.4.1 Strukturelle Veränderungen im Anzeigenumfeld

Durch die Medienexplosion können Werbungtreibende, vor allem im Internet die zentrale Finanzierungsinstanz von Zeitschriften, aus einem immer breiteren Angebot an Werbemöglichkeiten auswählen, wobei sich das zu veröffentlichende Werbequantum jedoch nicht proportional dazu vergrössert. Den digitalen Medien wird von den Werbetreibenden aufgrund der potentiell wesentlich höheren Transparenz des Nutzerverhaltens und der dynamischeren, multimedialen Gestaltungsmöglichkeiten eine signifikant höhere Effektivität gegenüber klassischen Medien attestiert. Der Preisdruck für die Printverlage steigt bereits in dieser Dimension permanent. „Die Vermarkter müssen vom Anzeigenverkäufer zum Werbeberater werden, direkt mit ihren Kunden zusammenarbeiten, intelligente und differenzierte Preismodelle und vor allem neue Instrumente zur Erfolgsmessung entwickeln, um der Marktdynamik besser gerecht zu werden“ (Vogelsang/Fischer 2007: 518).


2.4.2 Strukturelle Veränderungen im Leserverhalten

Mit dem technologischen Fortschritt wandeln sich auch die Gewohnheiten und Bedürfnisse der Nutzer (vgl. Schmid 1998: 6f.). Zwar verbringen die Menschen insgesamt immer mehr Zeit mit Medien, doch der Konsum von printmedialen Zeitschriften stagniert. Der Trend ist deutlich und bleibend: „Der Leser geht digital“ (Vogelsang/Fischer 2007: 518). Nach Walther sind die einzigen, welche den Printmedien noch treu sind, jene, die Papier gewohnt sind. Kaum jemand, der mit Online-Inhalten aufgewachsen ist, wird seiner Meinung nach zur printmedialen Zeitschrift greifen. Vielleicht noch mehr als internetspezifischen Stärken wie Aktualität, Verfügbarkeit und Interaktivität ist hier die Tatsache ausschlaggebend, dass die meisten Angebote im Internet völlig kostenlos sind (vgl. Walther 2006: 18).


2.4.3 Neue Wettbewerbskonstellationen durch neue Medienplattformen

Auf der Produzenten-Seite bewirkt technologischer Fortschritt die Entstehung von neuen Plattformen und schafft damit nicht nur neue Vertriebskanäle sondern auch neue Wettbewerbsstrukturen. Für die Verlage bedeutet dies eine grosse Herausforderung, da sie über keine Langzeiterfahrungen mit den neuen Plattformen und keine etablierten Kundenbeziehungen auf diesen verfügen (vgl. Vogelsang/Fischer 2007: 519). Das beim veränderten Leserverhalten bereits erwähnte Problem der Kostenlosigkeit der meisten Online-Inhalte stellt die Zeitschriften-Redaktionen vor ein Dilemma: Um für die Werbungtreibenden attraktiv zu sein, muss der Online-Auftritt einer Zeitschrift möglichst viele Leser finden. Dazu jedoch sollte sie kostenlos und stets aktuell9 sein. Ist sie kostenlos und aktuell, neigt eine Online-Präsenz wiederum zur Kannibalisierung des printmedialen Kernprodukts.


2.4.4 Neue Entwicklungen auch im Kernprodukt

Die grundlegend veränderte Marktlage drängt die Redaktionen von Printmedien zunehmend zu Innovationen hinsichtlich des Produktformates, des Erscheinungszyklus und der Vertriebsstrategien (vgl. Vogelsang/Fischer 2007: 520). Tatsächlich haben Zeitschriften nur sehr zurückhaltend mit Innovationen auf den medialen Wandel reagiert. Während die meisten Titel, nicht zuletzt aufgrund der medienimmanenten Nähe des Referenzproduktes zum globalen Netz, bereits Ende der 90er online vertreten waren und diese Präsenz stetig ausgebaut haben, blieben Innovationen beim Kernprodukt grösstenteils aus. Erst in den letzten zwei Jahren führten Zeitschriften wie zum Beispiel „Maniac!“ eine Generalüberholung durch, indem nicht nur der Titel und das Layout geändert, sondern vor allem auf printmediale Stärken wie hochqualitatives Papier gesetzt wurde.



3 Fazit und Ausblick

Die rapide voranschreitende Digitalisierung und Globalisierung haben die gesamte Medienwelt auf den Kopf gestellt. Im Internet wird der Nutzer mit einer nie dagewesenen Fülle an kostenlosen Informationen und Auswahlmöglichkeiten konfrontiert, was seine Macht und seine Ansprüche erhöht hat. Ende der 90er begnügten sich die Nutzer von printmedialen Videospielezeitschriften noch damit, knappe Auszüge aus den monatlichen Ausgaben wie das Inhaltsverzeichnis oder die aktuellsten Nachrichten kostenlos online verfügbar zu bekommen, weil die Möglichkeiten des Internets noch nicht von der breiten Masse internalisiert waren. Heute wollen sie den gesamten Inhalt einer Zeitschrift, weil die meisten vergleichbar umfangreichen Online-Angebote völlig kostenlos sind. Doch nicht nur Kostenvorteile ziehen den Nutzer weg von printmedialen Zeitschriften ins Internet, sondern auch grundlegende, medial bedingte Vorteile hinsichtlich Interaktivität, Aktualität, Verfügbarkeit und eine medienimmanente Nähe von Videospielen zum Internet.

Da digitale Medien gegenüber analogen den Werbetreibenden auch eine erhöhte Transparenz des Nutzerverhaltens bieten, wird den klassischen Medien ein stetig schwindender Nutzwert eingeräumt. Die Zeitschriftenredaktionen im Videospielesektor vermochten diesen alles durchdringenden Entwicklungen bisher nur bedingt mit Innovationen entgegenzuwirken.

Der von allen Seiten auf das Printgeschäft einwirkende Druck zur Digitalisierung sorgt zwar langfristig für tendentiell stagnierende Umsätze, was aber nicht mit dem Verschwinden von Printmedien gleichgesetzt werden sollte (vgl. Friedrichsen/Brunner 2007). Zweifelsohne werden einige printmediale Zeitschriften ihre redaktionelle Arbeit aufgrund fehlender Rentabilität einstellen müssen. Solange sich keine grundlegenden Innovationen bei tragbaren Bildschirmen ereignen, wird die Nachfrage jedoch durch die Mobilitäts- und Lesbarkeitsvorteile von Printmedien bestehen bleiben und ebenso einige Zeitschriften – wenn auch nur als Nischenprodukt.

Nach Schilling und Reichart müssen die Produzenten ihren Zeitschriftentitel zunächst stärker als Marken verstehen, diese klar positionieren und pflegen. Als nächstes muss den globalen Veränderungen wie der Herauskristallisierung des Web 2.0 Rechnung getragen werden, indem man sich entsprechend von der Existenz als reiner Inhalteanbieter entfernt und durch Serviceinnovationen wie die Personalisierung der Zeitschrift die Intensivierung der Kundenbeziehung anstrebt. Vor allem in der Online-Präsenz müssen Media Communities aktiv aufgebaut, gesteuert und gepflegt werden, um den Kunden nachhaltig zu binden. Hauptaufgabe ist „durch Kommunikation die potentielle Community einer Marke zu aktivieren“ (Schilling/Reichart 2007: 337ff.).

Ausserdem sollte generell vernetzter gedacht werden. Angebote müssen über so viele Kanäle wie möglich veröffentlicht werden und dabei zukünftige Entwicklungen wie die prognostizierte Ausrichtung des Web 3.0 auf Mobilität miteinbezogen werden (vgl. Stanoevska-Slabeva 2008: 29ff.).10 Es geht nicht nur darum, so viele Nutzern wie möglich zu erreichen, sondern es ihnen so einfach wie möglich zu machen an die Inhalte zu gelangen.

Denn ohne Zukunft wird bleiben, wer die Inhalte nur mit einer Zeitverzögerung verfügbar macht oder eine Bezahlbarriere vorschaltet (vgl. Walther 2006: 18). Das einzige, was wirklich wächst, sind die kostenlosen Portale und Online-Zeitschriften.


Offen bleibt hier die Frage nach dem Einfluss der Internetpiraterie, weil hierfür keine konkreten Zahlen vorliegen. Gerade die ständige Erhöhung der Verbindungsgeschwindigkeit und der für den Grossteil der Zielgruppe der meisten Spiele vergleichsweise hohe Produktpreis begünstigen illegale Downloads. Heutzutage braucht man die Tests, eine der zentralen Funktionen einer Zeitschrift, aufgrund der hohen Verfügbarkeit von Videospielen in Tauschbörsen theoretisch weniger als je zuvor. Die Produkte können innerhalb von wenigen Stunden kostenlos runtergelanden und anschliessend selbst getestet werden.

Ebenfalls ungeklärt muss hier der Einfluss der momentan wachsenden Tendenz vom Hardcore- zum Casual-Gaming bleiben, also der Trend hin zum Gelegenheitsspielen. Es ist nicht nur unklar, inwieweit der Videospiele-Boom durch das Hinzukommen von Casual-Gamern zu erklären ist, sondern auch ob und wie das Verschwinden der Printmedien in diesem Sektor damit zusammenhängt.


1Natürlich steht der Preis einer Kinokarte in keinem Vergleich zu jenem eines Videospiels. Es soll lediglich das wirtschaftliche Potential des Videospiele-Marktes veranschaulicht werden. Vor allem das Einnahmen-Ausgaben-Verhältnis ist bei Videospielen tendentiell besser.

2Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.

3Zur Kompensation wird deswegen zusätzlich auf audio-visuelle Medien wie CDs und DVDs zurückgegriffen. Oftmals enthalten diese auch attraktive Vollversionen von Spielen. Aufgrund des Kostendrucks werden CDs und DVDs jedoch immer häufiger weggelassen.

4Mit dem Begriff „informationelle Überflutung“ wird auf die insgesamt mangelhafte Strukturiertheit und Übersichtlichkeit der fast unendlichen Informationsflut hingewiesen (vgl. Debatin 2004: 82).

5Beseitigung von Programmfehlern.

6Modifikationen von Spieleinhalten.

7Die CD/DVD übernahm diese Funktion in den ersten Jahren, wird aber, wie gesagt, aufgrund der vergleichsweise problematischen Aktualität und Kostenaufwand von Printmedien zunehmend aus deren Programminhalt entfernt.

8Online-Aktivierung ist ein wirkungsvoller Schutz gegen Raubkopien.

9Oftmals werden Spieltests erst nach einiger Verzögerung online gestellt, um den Printmedienverkauf zu schützen.

10Internet-Portale sollten zum Beispiel so eingerichtet werden, dass sowohl per Handy, PDA, Autotelefon, als natürlich auch per PC gleichermassen darauf zurückgegriffen werden kann.


Dienstag, 7. Oktober 2008

EAGLE EYE (USA, 2008) - Fragen über Fragen


Hab vorgestern „Eagle Eye“ geguckt und mich eigentlich sehr gut unterhalten. Der Film hat einige verdammt spektakuläre Action-Szenen und die ganze Zeit über ein ordentliches Tempo. Ausserdem übt er eine erfrischende Kritik an der eigenen Regierung aus. Das „erste“ Ende ist spitze, doch leider mussten die Amis noch ein unglaubwürdiges „zweites“ Ende einfügen – sicherlich nachträglich, weil das Testpublikum nicht zufrieden war. Viel zerstörerischer sind aber die teilweise gravierenden Logik-Lücken. Ich hab hier mal ein paar aufgelistet:

***Spoiler-Time!!!***

Wie konnte die KI die Stromleitungen wegsprengen? Sollte das über einen besonders starken Stromimpuls machbar sein?

Wieso hat die ultra-logische KI die wichtigste Person für ihren Plan überhaupt, den Protagonisten, derart, selbst von einem Supercomputer unkalkulierbaren, Risiken ausgesetzt und ihn quasi ALLES für sich erledigen lassen? Wieso sollte es nicht dafür geeignetere Personen geben?

Wieso haben die Überwachungskameras eine derart hohe Auflösung, dass sich damit sogar über die Vibrationen in einer Kaffetasse das Gesagte errechnen lässt, während eine Militärdrohne es nicht einmal fertig bringt, das Gesicht eines Verdächtigen (die Zielperson zu Filmbeginn, der Auslöser der ganzen Story!) erkennbar abzubilden?

Wieso sollte der total abhörsichere Raum ein Fenster haben? Wieso sollte eine Videokamera auf dieses gerichtet sein? Und wieso in Gottes Namen verdunkeln die Agenten das Fenster nicht, wo sie doch genau wissen, dass sie beobachtet werden?

Wieso sollte ein derart effizientes System wie die KI über solch lahme optische Informationsverarbeitungskomponenten funktionieren und eine derart lächerliche Schwachstelle wie das exponierte, mit einer Stange von Hand zerstörbares „Auge“ haben? Wieso haben die Menschen nicht einfach gleich das „Auge“ umgenietet?

Montag, 6. Oktober 2008

Zwei Extended Editions zum Heulen



Alternative Filmfassungen wie Director's Cuts, Extended, Unrated oder Uncut Editions halte ich im allgemeinen für eine gute Sache. Sie eröffnen (leider erst auf DVD) dem Regisseur die Möglichkeit, den Film in der ursprünglich vorgesehenen Fassung abzuliefern, was sich in vielen Fällen als die bessere Wahl bestätigt. Peter Jackson hat mit seinen Exdended Editions der Herr der Ringe-Trilogie bewiesen, dass ein ohnehin fantastisches Filmerlebnis noch vollends abgerundet werden kann. Antoine Fuqua, Wolfgang Petersen und Ridley Scott haben mit ihren Director's Cuts von King Arthur, Troy und Kingdom of Heaven gezeigt, wie man aus durchschnittlichen bis guten Filmen ausgezeichnete Filme macht. Die Kinoversion wird hier völlig überflüssig, gehört eigentlich nichts weiter als vergessen. Andere Releases wie der Director's Cut von LA Crash oder von Donnie Darko sind dagegen nutzlos bzw. schlechter. Hier kommen schon eher die Geldmacherei-Fragen ins Blickfeld.
Doch es gibt alternative Fassungen, die schlicht verboten gehören, weil sie technisch unter aller Sau verwirklicht wurden. Deren neues Material unterscheidet sich so überdeutlich vom ursprünglichen, dass man jedes Mal unweigerlich aus dem Film gerissen wird, wenn neu eingefügte Szenen kommen. Zwei solche Beispiele sind der Director's Cut von Zwei Glorreiche Halunken und die Extended Edition von Independence Day.


Zwei Glorreiche Halunken (Schnittbericht)
Das ursprüngliche Filmmaterial weist eine für damalige technische Verhältnisse charakteristische Klangfärbung (leichtes Hintergrundrauschen, flacher Bass, Monoton usw.) auf. Es hört sich einfach wie ein alter Western an, was auch mit Digitaltechnik nur mühevoll zu beseitigen ist. Vom Bild, Schnitt, der Musik und den Geräuschen her ist die neue Version tadellos. Das was die deutsche Lokalisierungsstelle jedoch dazu beiträgt, ist eine Vergewaltigung des Western-Meisterwerks. Sie hat für die neuen Szenen nicht nur Sprecher besetzt, die stimmlich überhaupt nichts mehr mit den originalen gemein haben, sondern auch nichts unternommen, die neuen Stimmen den alten technisch anzugleichen, geschweige denn in die restliche Klangfärbung des Werks einzufügen. Sämtliche neue Textpassagen kommen mit völlig filmfremder Klarheit und Sattheit daher. Wenn eine neu eingefügte Szene kommt, versteht man erstmal die Welt nicht mehr, weil es akustisch ein ganz anderer Film zu sein scheint. Von Diegese kann nicht mehr die Rede sein. Zur Veranschaulichung habe ich zwei kurze Filmausschnitte online gestellt (vgl. Videoclip).
Auf die englische Tonspur, die gottlob auch auf der DVD enthalten ist, trifft dies natürlich nicht zu, so dass hier jedem DRINGENST empfohlen sei, diese zu aktivieren. Auch wenn es generell eine Tugend sein mag, Filme in der Original-Sprache anzusehen, erwarte ich, dass die deutsche Tonspur mindestens akzeptabel ist. Nicht nur weil die Deutschen im internationalen Vergleich einen verdammt hohes Niveau bei Synchronisationen haben, sondern einfach weil ich dafür bezahle. Der Effekt ist bei jedem modernen Fernseher natürlich noch viel stärker, als auf diesem Bitraten-Schwachen Clip.


Independence Day (Schnittbericht)
Das zweite ist die sowohl auf Englisch (!) wie auch auf Deutsch peinlichst dilettantische Special Edition von Independence Day. Hier wurde also schon am Ursprung gepfuscht. Zunächst mal sind die Szenen an und für sich nicht nur überflüssig, sondern deutlich kontraproduktiv. Sie geben den Figuren und dem Film insgesamt nichts zusätzliches, sondern sind bisweilen einfach nur dämlich. Vor allem aber bremsen sie auf übelste Weise das herrliche Tempo des Films. Denn nebst ihrer inhaltlich nicht vorhandenen Legitimation ist die technische Realisierung in beiden Sprachversionen eine Zumutung. Der Schnitt der neuen Szenen passt überhaupt nicht zum Rest des Films und scheint von totalen Anfängern zu stammen. Grobe Continuity-Fehler irritieren, da der Film ansonsten völlig auf Continuity setzt (vgl. weiter unten). Die Musik hält bisweilen einfach an und setzt dann wieder ein, sobald Material der Kinoversion kommt. Schliesslich hat es die verantwortliche deutsche Synchronisierungsstelle trotz der zeitlich vergleichsweise nahen Veröffentlichung nicht bewerkstelligen können, durchgehend die richtigen Sprecher zu engagieren. Die Stimme von Will Smith alias Cpt. Steven Hiller ist leider sogar katastrophal falsch besetzt.Diese Extended Edition ist nicht nur überflüssig, sie ist einfach eine Schande. Sie kann nicht vom Regisseur gewünscht worden sein, geschweige denn vom Cutter oder Komponisten.
Das Ärgerlichste am ganzen: Die Kinoversion ist käuflich fast nicht mehr zu erwerben. Die HD-Releases sind aussliesslich mit Extended Edition ausgestattet. Ein Meisterwerk des reinrassigen Popcorn-Kinos scheint sehr schlecht konserviert zu werden.

Nachfolgend noch die detailliertere Beschreibung der ausgewählten Szenen aus ID4:
Ausschnitt 1: "...mit dem gleichen negativen Ergeb-" wird eine halbe Sekunde zu früh stumm gestellt. Nachdem der älteste Sohn den Vater herwinkt, setzt plötzlich der Ton für eine Sekunde aus. Ausserdem unsauberer Tonübergang vom Innenbereich des Wohnwagens zur offenen Tür. Ansonsten Katasprophales non-continuity-editing (Haltung vom Vater und seiner Tochter unmittelbar nach Schnitten beachten), wobei der Film ansonsten vollkommen auf Kontinuität setzt. Stimmen von der Tochter und dem Jungen wirken völlig deplaziert, sie passen nicht zur Umgebung und befinden sich in puncto Lippensynchronität noch im Rohschnitt bzw. auf Amateurniveau!
Ausschnitt 2: Beim Übergang vom Aussenbereich der Area51 zum Raumschiff wird die Musik einfach abgewürgt und das Knallgeräusch abgeschnitten. Akustik im Raumschiff und Stimmen wirken wie aus einer TV-Produktion (hören sich immer gleich an, egal wie nah die Kamera ist, sogar wenn sie ausserhalb des Schiffes ist, wobei Aussengeräusche einfach hinzu gemischt werden), vor allem wenn man sie mit jener aus späteren Szenen vergleicht. Sowieso fragt man sich, was diese total bescheuerte Szene im Film zu suchen hat. Danach wieder draussen: Peinlichster und verwirrender Wechsel der Stimme für Will Smith alias Cpt. Steven Hiller. Nur Schrittgeräusche von einer Person sind vereinzelt zu hören, auch wenn zwanzig Leute im Bild laufen. Ausserdem werden Hintergrundgeräusche einer Grossstadt (mit Hupgeräuschen aus dem Hochhausdschungel!) und einer Menschenmenge für das Treiben auf dem Aussenareal des Militärkomplexes verwendet! "Ungefähr seit drei Stunden" kommt innerhalb von wenigen Sekunden fälschlicherweise zweimal und wird noch dazu unter aller Sau ausgeblendet. Schliesslich, um dem ganzen noch die Krone aufzusetzen, setzt plötzlich wieder die Musik und völlig andersartige (viel passendere) Akustik der originalen Kinofassung ein – mitten in der Szene! Erneut: Von Diegese kann nicht mehr gesprochen werden. Von befremdlichen Gewaltvorstellungen seitens des Zuschauers umso mehr!

Samstag, 23. August 2008

Happy-Go-Lucky (GB, 2008) - Filmkritik


Happy-Go-Lucky hat einen eindeutigen Hang zum Dokumentarischen. Der Film folgt nicht wirklich einer dichten, dramatischen, in sich geschlossenen Storyline - das Drehbuch ist an und für sich nichts spannendes - sondern verlässt sich fast vollends auf das Schauspiel und fokussiert den Moment bzw. die Details. Es geht mehr um den Alltag und die kleineren Konflikte darin als um erschütternde Ereignisse. Doch Langeweile kommt in dem heiter-chaotischen Treiben keinesfalls auf und zusammenhangslos erscheint das ganze bis auf die Szene mit dem Penner nie. Ganz im Gegenteil, die brillianten Darsteller und Regie meistern die durch die Inszenierungsform hohen Anforderungen mit Bravour. Sally Hawkins als extrem lebensfreudige, herrlich unverfrorene, durch nichts unterzukriegende und etwas durchgeknallte Poppy ist dabei eindeutig das grosse Highlight des Films, indem sie nicht nur in ausnahmslos jeder Sekunde überzeugt, sondern geradezu begeistert! Beispielsweise gibt es eine Szene in einem Flamenco-Kurs, worin eigentlich nichts passiert, ausser dass man sieht, wie fehl am Platz die Protagonistin da ist. Aber schon allein die überaus ausdrucksstarke und präzise Mimik und Gestik von Sally Hawkins macht die Szene zu einem Heiden-Spass, ohne dass sie plakativ wirkt. Hauptdarstellerin und Regisseur gelingt es spielerisch-beiläufig, durch die komischen Alltäglichkeiten hindurch eine erkennbare, vielschichtige Hauptfigur zu kreieren. Als Schilderung der Weltsicht von Polly funktioniert der Film somit sehr gut.
Auch wenn die Kamera die Protagonistin nie verlässt, kommt ihr soziales Umfeld keineswegs zu kurz. Polly ist alles andere als isoliert. Die restlichen Figuren sind dabei nicht gerade die vielschichtigsten, aber im Sinne des dokumentarischen Realismus unheimlich glaubwürdig und offenbaren viel Wahrheit. Eigentlich ist das Schauspiel von nahezu jedem einzelnen Darsteller (auch Schulkinder!) über alle Zweifel erhaben. Nebst Sally Hawkins ist vor allem der scheinbar auf Speed befindliche Eddie Marsan, der den fast schon zu stereotypen, cholerischen Fahrlehrer mimt, schauspielerisch eine Wucht. Die wöchentliche Auseinandersetzung mit ihm ist einfach nur haarsträubend!
Ansonsten ist der Film insgesamt sehr unbeschwert. Es gibt nicht nur wenig eindringliche Dramatik, sondern auch so gut wie keine Gewalt, was hier aber ohnehin völlig fehl ab Platz wäre. Im Grunde kann man ihn als Frauenfilm bezeichnen. Nicht nur wegen seiner Eignung für zartbesaitete Gemüter, sondern auch wegen der herrliche schrägen, quirlig-bunten Mädelkonstellation um die Protagonistin. Das tolle an ihnen finde ich, dass sie zwar Lehrerinnen oder sonstige Autoritätsfiguren sind, sich aber alles andere als erwachsen verhalten, ohne naiv oder sonst wie unterbelichtet zu erscheinen. Die Bezeichnung als Frauenfilm sollte nun nicht falsch verstanden werden, denn der britisch-derbe Humor sorgt für genügend Ausgleich, so dass auch ich mich als Mann pudelwohl fühle.
Trotzdem, so sehr ich auch die schauspielerische Leistung genossen und die Glaubwürdigkeit des Films bewundert habe, so sehr fehlt mir aber letzendlich ein deutlicher roter Faden, eine dichte Storyline. Ich persönlich brauche mehr Entwicklung, mehr tiefgreifende Veränderung. Für mich ist das ganze mit anderen Worten noch zu sehr eine Beschreibung des Status Quo, als dass ich insgesamt von einem sehr guten Film sprechen kann. Gut (vier von sechs Punkte) ist er aber ohne jeden Zweifel. Ich würde hier eher von einer abgerundeten viereinhalb sprechen.

Fazit: Chaotisch-unverfrorene, köstliche britische Komödie über den Alltag, die dank genialem Ensemble (v.a. Sally Hawkins!) überzeugt. Für eine höhere Wertung als vier von sechs Punkte fehlt mir dennoch eine dichte Storyline mit tiefgreifenden Veränderungen. Leute, die eine extrem lebenslustige und quirlige Protagonistin in ihrer überaus witzigen Auseinandersetzung mit Alltaglichkeiten schätzen, sollten auf alle Fälle einen Blick wagen. Leute, die auf ein dramatisches Drehbuch nicht verzichten und aufgedrehte Mädels nicht ausstehen können, dürften wenig Gefallen an dem Film finden.

Freitag, 15. August 2008

DER SCHWARM (2004) - Buchkritik

Hin und wieder - so alle paar Jahre - kann ich mich dazu durchringen, einen Roman zu lesen. Über "Der Schwarm" hatte ich schon viel gehört. Wissenschaftsthriller - genau die Art von Buch, die ich lese. Da ich nicht bloss ein paar Wochen Urlaub hatte, sondern ein paar Monate (Studentenleben...), entschloss ich mich dazu, dem Schinken eine Chance zu geben. Und hier also, meine Damen und Herren, kommt die erste (und vermutlich einzige) Buchkritik von mir!

Der erste Teil (immerhin fast die Hälfte des ganzen Buches bzw. 434 Seiten) ist top. Wie der Spiegel treffend schreibt: „Ein wild schäumender Abenteuer-Cocktail.“ Doch es geht, zumindest in der ersten Hälfte, eigentlich weniger um eine Abenteuergeschichte, als die gut recherchierte Darstellung eines globalen Katastrophen-Szenarios. Das Buch weiss im ersten Teil allein schon durch seine authentische Schilderung der Ausnahmesituation zu beeindrucken. Das enorme Tempo, mit welchem Höhepunkt auf Höhepunkt folgt, führt über weite Strecken zu begeistertem Lesevergnügen. Daneben bringt es Schätzing auch fertig, das Szenario mit faszinierenden Figuren und einem interessanten Beziehungsgeflecht zu verweben, das aber dem globalen Szenario untergeordnet ist.
Grundsätzlich handelt es sich bei „Der Schwarm“ um ein sehr informatives Werk. Bei der unglaublichen Quantität an nützlichen Informationen sollte es nicht verwundern, dass die Erklärungen (bzw. die Exposition) zeitweise ein Wermutstropfen sein können, weil sie manchmal zu ausführlich gehalten sind oder mit Allgemeinwissen aufgewartet wird, so dass die Erzählgeschwindigkeit leidet. Natürlich lese ich lieber über einen mir bekannten Sachverhalt, als dass mir wichtige Zusammenhänge nicht bewusst werden, aber optimal wurde die Gratwanderung zwischen Verständnis und Rasanz dennoch nicht gelöst. Extrembeispiel: inmitten monumentaler Action, wo die halbe Erde in Bewegung ist und die Schicksale von vielen zentralen Figuren in der Schwebe liegen, kommen plötzlich ganze Unterkapitel ausschliesslich Erläuterungen zu Tsunamis, die jedem hinreichend bekannt sein sollten und an dieser höchst dramatischen Stelle nichts verloren haben. Ich denke es ist in erster Linie dem enormen Abwechslungs- und Einfallsreichtum dieses ersten Teils zu verdanken, dass er trotzdem vollends begeistert.
Im Verlauf des zweiten Teils gibt das Buch dann leider merklich ab. Baut es in dessen ersten Hälfte noch beständig auf, weil die einzelnen Protagonisten und deren Handlungsstränge zusammengeführt werden und weil sich die ganze Welt beständig wandelt (das Katastrophen-Szenario also nach wie vor durch konsequente Entwicklung und Einfallsreichtum überzeugt), kommt nach Seite 600 der „grosse Knick“. Die Gefilde des Globalen, das eigentliche Herzstück des ersten Teils, werden im zweiten Teil nach und nach fallen gelassen und entschwinden schliesslich völlig aus dem Bewusstsein des Lesers, was dem Buch extrem schlecht bekommt. Es wird nichts gleichwertiges neu hinzu gegeben. Statt dessen beschränkt sich die Handlung fast nur auf das Rätselraten im Chateau Whistler. Wenn mal Ereignisse ausserhalb dieses Schauplatzes stattfinden, handelt es sich um Wiederholungen. Das ganze wird langatmiger und unspektakulärer, denn die Figuren und ihr Beziehungsgeflecht sind zu schwach, um das Interesse allein aufrecht zu erhalten. Direkt auf die sich recht früh (in der 590er Seiten) ereignende weitgehende Klärung der Feindesfrage folgt der Tiefpunkt des Buches, der den „Knick“ erst so deutlich erscheinen lässt: Ein vierzig Seiten langes, absolut unmotiviertes (weil keinerlei Verlangen Seitens des Lesers danach besteht) Kapitel in der Eiswüste, welches wie eine Schlaftablette auf die gespannte Erwartungshaltung durch das Vorhaben der Kontaktaufnahme mit dem Feind wirkt. Ich verstehe die Wichtigkeit dieses Kapitels - für die betreffende Figur und die Geschichte - aber es ist abermals an der völlig falschen Stelle. Ausserdem hat Schätzing schon das ganze Buch hindurch auf die Ignoranz des modernen Lebens aufmerksam gemacht!
Würde er gleich darauf wieder Gas geben, wäre noch alles zu retten, schliesslich können 40 Seiten im Vergleich zu den insgesamt 1000 nur ein unbedeutender Furz sein. Doch Schätzing bläst die Story unbeirrt mit bisweilen zusammenhangslos erscheinendem Inhalt auf, zieht vor allem die weit über hundert Seiten andauernde Klärung der genetischen Details der Widersacher nervig in die Länge, anstatt primär die spannende Kontaktaufnahme zu verfolgen. Letztere wird bloss sporadisch behandelt. Ich meine wen interessiert eine vor sich hin plätschernde Diskussion um genetische Details in wissenschaftlichem Kauderwelsch, im Vergleich zu einer leicht verständlichen und viel nützlicheren über Intelligenz oder Kommunikation mit fremden Biologien? Im ganzen dritten Buchteil, dem mit Abstand schwächsten der insgesamt fünf, sind die Konferenzen das einzig wirklich interessante. Da wird endlich mal Tacheles geredet und es geht voran. Man kann's nicht schönreden, seit der Mitte des zweiten Teils fehlt es schmerzlich an Abwechslungsreichtum, Dramatik und Rasanz. Kurz: Das Buch wird spätestens im dritten Teil entzaubert.
Auf Seite 855 kommt dann endlich die ersehnte Wende. Das ganze nimmt unvermittelt wieder an Fahrt auf und leitet den mittlerweile (allein schon aufgrund der Buchlänge) willkommenen Showdown ein. Knapp hundert Seiten (den ganzen vierten Teil über) geht’s nochmals ordentlich ab, bevor ein erneut langatmiger (etwa 20 Seiten langer), traumhaft selbst-reflexiver Monolog folgt, ehe schliesslich das an und für sich zufriedenstellende Finale und der Epilog den Leser mit insgesamt gemischten Gefühlen entlassen.
Das Buch ist von seiner Struktur her zu unausgegoren und inhaltlich völlig unnötig aufgeblasen. 1000 Seiten, vor allem wenn sie, statt wie üblich 36-zeilig, 40-zeilig sind, wären für das, was das Buch in der zweiten Hälfte tatsächlich erzählt, niemals nötig gewesen. Ich denke wenn Schätzing diese Hälfte vergleichsweise nicht so langwierig und ereignislos gestaltet hätte, wenn er die Geschehnisse auf dem Flugzeugträger (dritter Teil) grosszügig komprimiert und das restliche Weltgeschehen nicht vergessen hätte, hätte das Buch insgesamt geradezu exponentiell mehr begeistert. Etwas mehr Strukturanalyse hätte wahre Wunder gewirkt!
Trotzdem hab ich „Der Schwarm“ innerhalb einer Woche verschlungen und das will was heissen! Ich freue mich jedenfalls auf die Verfilmung, die sich angeblich in Arbeit befindet, denn der an und für sich grandiose Stoff (das verdammt weit gedachte, grösstenteils „wissenschaftlich korrekte“ Szenario) ist wie geschaffen dafür – auch aufgrund seiner nicht optimal umgesetzten Basis.

Fazit: Die erste Hälfte begeistert durch die ebenso rasante wie abwechslungsreiche Schilderung eines gut recherchierten, globalen Katastrophen-Szenarios, während die zweite vergleichsweise enttäuscht, weil sie sich genau von diesen Tugenden verabschiedet. Verdammt schade, vor allem, wenn man dabei so stark das Gefühl hat, dass mit ein wenig Umstellen und Kürzen durchaus ein Meisterwerk des modernen Wissenschaftsthrillers realistisch gewesen wäre.
Da mich der Einfallsreichtum des Autors und die unheimliche Fülle an nützlichen Informationen von "Der Schwarm" grösstenteils begeistert hat, und weil ich den Schinken ungeachtet seiner Defizite wie im Rausch verschlungen haben, gebe ich 5 von 6 Punkte.

Mittwoch, 23. Juli 2008

THE DARK KNIGHT (USA, 2008) bester Film aller Zeiten?

Das gibt's doch nicht!?!
IMDB führt ja bekanntlich eine täglich aktualisierte Liste der 250 besten Filme aller Zeiten, basierend auch Bewertungen der User. Jahrelang hielt sich "Der Pate" als Non-Plus-Ultra auf Platz 1, gefolgt von "Die Verurteilten" und "Der Pate II". Ein Wechsel in absehbarer Zeit war so gut wie unmöglich. Doch vor einigen Tagen ist das Wunder eingetreten! "The Dark Knight", die Fortsetzung von "Batman Begins", wird von den IMDB-Usern, immerhin die grösste Filmcommunity im Internet, als bester Film aller Zeiten bewertet!
Die Berechnung des overall-ratings (mehr oder weniger die durchschnittliche Bewertung der User) verstehe ich auch nicht ganz. Fest steht, dass bis jetzt über hunderttausend User abgestummen haben, was in dieser kurzen Zeit verdammt viel ist - auch für IMDB! Zum Vergleich: Am meisten Stimmen hat "Die Verurteilten" mit circa 345'000. Diese Anzahl hat sich aber über Jahre hinweg angesammelt!
Mehr noch: "The Dark Knight" wird durchschnittlich mit 9.4 bewertet. "Der Pate" und "Die Verurteilten" bekommen die Note 9.1. Das sind 0.3 Differenz zwischen Platz 1 und Platz 2/3, während ein weiterer "Abstieg" um 0.3 (also von 9.1 auf eine Bewertung von 8.8) ganze 11 Filme bzw. Plätze umfasst! Jede Dezimalstelle in der Bewertungskala von 9.1 bis 7.9 ist in der Liste dutzendfach vertreten, 249 Filme verteilen sich darauf. Einzig "The Dark Knight" lässt alles bisher dagewesene mit einem riesigen Abstand von 0.3 hinter sich!
Mit anderen Worten: Entweder wir haben ein ohne jeden Zweifel epochales Meisterwerk vor uns, oder ein ... „gesellschaftliches“ Phänomen! Ich werd nämlich das Gefühl nicht los, dass das ganze zu sehr durch Emotionalitäten geprägt ist, die nichts mit dem Film an sich zu tun haben. Die Welt betrauert Heath Legers Tod und flüchtet sich in die überschwengliche Schaffung eines Mythos. Ich meine wie kommt es, dass ein Actionfilm die grossen Epen übertrifft? Nicht, dass ich persönlich besonders viel von "Der Pate" halte, aber es beruht nunmal auf jahrelanger Erfahrung, dass Epen besser bewertet werden als Actionfilme. Auch wenn ich "Batman Begins" für eine der besten Comicverfilmungen überhaupt halte (was mittlerweile was zu bedeuten hat!), Christopher Nolan und Christian Bale vergöttere, kann mir einfach nicht vorstellen, dass der Film derart gewaltig ist, wie uns die Statistik weiss machen will. Natürlich fänd ich's klasse, klammere mich aber bis zur Sichtung des Streifens am Boden fest.
In diesem Sinne steht für mich felsenfest, dass das overall-rating von "The Dark Knight" in den nächsten Wochen sinken wird. Der Film kann dieses Rating-Niveau unmöglich über die 300'000er-Grenze hinweg halten! Ein Platz unter den ersten zwanzig dürfte inzwischen jedoch Fakt sein.
Aber ist es nicht bemerkenswert, wie im Zeitalter des kollektiven Internetvotens gestandene Meisterwerke wie "Der Pate" temporär und quasi über Nacht vom Thron gestossen werden können?

Montag, 21. Juli 2008

KUNG FU PANDA (USA, 2008) - Filmkritik

Positiv:
  • bombastisches Non-Stop-Gag-Feuerwerk
  • brilliante Animationen (stimmige Mischung aus comichaftem Design, cartoonhafter Animation und "realistischer" Mimik)
  • herrlich überzeichnete Figuren
  • dank niedrigem Gewaltgrad auch für die ganz Kleinen geeignet!
Negativ:
  • Story ist zwar solide inszeniert, wirkt aber noch etwas zu sehr wie eine Abfolge von Gags
Kunf Fu Panda ist einer der Filme, die ich eigentlich nie im Kino sehen wollte. Nicht erst beim Trailer hats mir abgelöscht. Das wirkte alles so hahnebüchern und ausgelutscht, ganz einfach ausschliesslich für kleine Kinder ohne grosse Ansprüche geeignet zu sein. Schliesslich überredete mich ein Kumpel, der den Film sogar zum zweiten Mal sehen wollte, dazu!
Was soll man sagen ... der Film geht von der ersten bis zur letzten Minute praktisch nur ab! Nicht, dass die Story gross beflügelt (klassische Heldengeschichte ohne grössere Überraschungen oder besonderen Tiefgang), aber das temporeiche, in jedem Moment köstliche Non-Stop-Gag-Gewitter lässt selbst den erfahrenen Zuschauer eine originellere Geschichte nicht wirklich missen. Manch einer mag hier trotzdem konstatieren, dass das ganze noch etwas zur sehr wie eine Aneinanderreihung von Sketches wirkt, als wie ein storygetriebener Film.
Die Gags werden anderseits wieder mit ebenso spassiger, bombastischer Action gewürzt. Eigentlich braucht man sich nicht mal besonders für das Setting zu interessieren, um in den Genuss des Films zu kommen. Das gilt auch für den grafischen Stil, der mich persönlich gar nicht angezogen hat. Doch die anfängliche Abneigung schlug angesichts der bewegten Bilder (im Film, nicht im Trailer!) sofort in Wohlgefallen um. Es ist natürlich nicht so, dass die Schauplätze und Figuren durch Fotorealismus berauschen, aber sie tun dies mindestens ebenso sehr mit ihren herrlich überzeichneten Animationen, welche hinsichtlich ihrer cartoonhaften Gestik und Mimik sogar fast beispiellos sind. Die Kraft der comichaften Abstraktion wird also bravourös ausgenutzt.
Man kann hier Kung Fu Panda durchaus mit Madagascar vergleichen, welcher mit seinen Animationen ebenfalls meisterhaft vorwiegend das comichaft Abstrahierte in Szene setzte, als eine ausserordentlich spannende Geschichte zu erzählen. Im Gegensatz zu Madagascar geht Kung Fu Panda aber nach einer Weile nicht die Puste aus. Im Gegenteil, die Geschichte schreitet beständig voran und die Figuren werden mit der Zeit umso liebenswerter. Kitsch (oder: Gefühle für Kinder?) gibts nur zwischendurch und meist werden selbst emotionale Szenen frech augenzwinkernd auf die Schippe genommen. Witz steht generell vor Action und Spass vor Ernst.
Der Film funktioniert zu einem grossen Teil auch über den erstaunlich liebenswerten Protagonisten Po so gut (hab den Film nur auf Englisch mit Jack Blacks grandioser Arbeit gesehen!). Neben dem resignierten, desillusionierten Meister Shifu und dem sich geistig etwas über den Wolken befindlichen Grossmeister Oogway, soll hier auch der Bösewicht spezielle positive Erwähnung finden. Dieser ist mit einem Wort: eindrucksvoll. Schon klasse, wie er gänzlich ohne die, selbst von Walt Disney mittlerweile gewohnte, für die ganz kleinen Zuschauer eher ungeeignete Grausamkeit auskommt und den Zuschauer dennoch mit Ehrfurcht reagieren lässt. Die Miezekatze geht auch übelst ab, wenn man beispielsweise an ihre Flucht aus dem Gefängnis denkt! Meckern würde ich am ehesten über die fünf Kämpfer. Die sind mir noch zu sehr Staffage bzw. bleiben zu blass. Selbst die Löwin, welche eine zentrale Rolle für die Geschichte einnimmt, fasziniert bedeutend weniger als ihre Meister. Trotzdem ist zumindest in technischer Hinsicht auch hier die Liebe zur Arbeit ungebrochen spürbar.
Insgesamt handelt es sich einfach um einen überaus charmanten, "richtigen" Familienfilm, d.h. einen der nicht nur für die Kleinen geeignet ist.

Fazit: Ein blendend animiertes, fast pausenloses und treffsicheres Gag-Feuerwerk, das nicht nur für die Kleinen geeignet ist! Daür gibts von mir 5 von 6 Punkte.

Freitag, 11. Juli 2008

JOHN RAMBO - uncut (USA 2008) - Filmkritik

Positiv:
  • stimmige, wuchtige Inszenierung
  • schockierende Schonungslosigkeit bei der Gewaltdarstellung
  • zufriedenstellender Stallone
  • glaubwürdige und interessante Söldner (Nebenfiguren)
  • heftigster Showdown

Negativ:
  • kurze, sehr abgedroschene Story ohne Überraschungen
  • brechreiz-erregend klischeebeladener "Bösewicht"

Bei Rambo sollte man seit dem zweiten Teil wenig an Story erwarten, dafür umso mehr an Action! Der vierte Teil geht bei letzterem einen schockierenden Schritt weiter und präsentiert Violence And Bloodshed in, selbst für die heutige Zeit, rabiatester Weise. Ich glaube, ich hab schon seit Saving Private Ryan nicht mehr soviele Menschen unter der archaisch zermalmenden Kugelgewalt verenden sehen. Tatsächlich rangiert John Rambo momentan auf Platz 9 der Filme mit den meisten onscreen Todesfällen (Anzahl: 247; vgl. hier), lustigerweise direkt hinter Saving Private Ryan (255)! Rambo selbst erledigt nachweislich allein im vierten Teil 87 Typen selbst und schafft es damit auf Platz 6 der tötungslustigsten Filmfiguren (vgl. hier).

Eigentlich ist der Film ja nichts besonderes. Er ist für einen Actionfilm viel zu kurz (87 min), seine Figuren machen sozusagen keinen Wandel durch und er erzählt eine völlig abgedroschene Geschichte. Aber wie er erzählt, ist überraschend gut gelungen! Es gibt nur wenige Momente, die mir irgendwie negativ auffielen. Hierzu zählen zweifelsohne alle Szenen, worin der "Bösewicht" stümperhaft einen auf ganz ganz bösen Burschen macht, indem er die meiste Zeit einfach nur mit Sonnenbrille ganz ganz cool an seiner Zigarette raucht, während seine Soldaten Greueltaten begehen. Grauenvoll klischeebeladene Eindimensionalität par excellence! Sowas nimmt diesen äusserst wichtigen Szenen einfach nur die Intensität. Der Film zeigt mit den Söldnern (v.a. dem Anführer) ja, dass es neben Rambo auch noch andere glaubwürdige Figuren geben kann. Sie sind zwar grobschlächtig, aber keine Wahnsinnigen. Zähe Veteranen, aber keine unverwundbare Kampfmaschinen. Stallone selbst macht seine Arbeit zwar nicht hervorragend, aber gut. Er kommt endlich wieder etwas mehr wie ein kriegsgebeutelter Veteran rüber, nicht bloss wie eine Actionfigur wie in Teil 2 und 3.
In technischer Hinsicht kann man dem Film nichts vorwerfen. Die Action sieht super aus und ist über weite Strecken im besten Sinne packend inszeniert und das, ohne sich die ganze Zeit ausschliesslich auf die Schockwirkung der oben erwähnten Gewalt zu verlassen. Persönlich fand ich beispielsweise die Szene sehr spannend, wo Rambo und die Reisegruppe mit ihrem Boot ganz leise am Piratenlager vorbeifahren und welche völlig ohne Action auskommt.
Trotzdem sind die schockierenderen „Gewaltsequenzen“ für mich eindeutig die Stärke des Films. Eigentlich werden in John Rambo ja weniger neue Tabus gebrochen (alles hat man schon mal hier und dort gesehen), diese aber auf ungleich kompakte und schonungslose Weise in wenigen Augenblicken zusammengebracht, dass man schon mal über ne Minute lang das Blinzeln vergisst. Dabei fokussieren Kamera und Schnitt fast nie die Gewalt an sich, sondern diese geschieht wie beiläufig, aber visuell (direkte Auswirkungen) und akustisch eindrücklich. Diese krassen Eindrücke summieren sich und so geht zumindest in zwei Sequenzen (Massaker und Showdown) die Kinnlage unweigerlich und beständig nach unten. Diese Art der Gewaltdarstellung ist natürlich nichts neues, sondern erinnert mich stark an jene in Filmen von Ridley Scott (z.B. Gladiator, Black Hawk Down, Hannibal, Kingdom of Heaven) und Kriegsgeschichten von Steven Spielberg wie Saving Private Ryan oder Band of Brothers. Natürlich ist John Rambo einiges farbenfroher als letztere, verwehrt sich aber den geleckten, knallbunten Bildern eines 300 und dessen geschmeidiger Kampfaction. Statt dessen wird, und das ist einer der Punkte, die so sehr an Spielbergs Kriegsfilme erinnern, reger Gebrauch von progessiven Filtern gemacht, welche das Schlachtgetümmel optisch etwas abgehackt aber immer noch realistischer erscheinen lassen. 300 blieb für mich mit seinem Comic-Look und der Tendenz des Kampfgeschehens zum plakativen Todes-Ballett ohnehin noch zu sehr auf der ästhetischen Ebene und war deshalb weniger eindrücklich als John Rambo, der allgemein mehr auf Realismus setzt.
Bereits die Kinoversion von John Rambo war gelinde gesagt: ultrabrutal. In der uncut-Fassung finden nun nochmals zwei Minuten Gewaltmaterial wieder in den Film. Während das Massaker im Dorf schon im Kino ungekürzt war (!), erhält der Schluss“kampf“ eine Minute ausschliesslich sich explosiv im Raum verbreitenden Bluts zurück und wird für mich dadurch aufgewertet. Schliesslich soll der Höhepunkt eines Filmes ja nicht in der Mitte stattfinden (Dorfmassaker), sondern am Ende! :)
Eins ist aber sicher: meine minderjährigen Geschwister kriegen den Film auf keinen Fall zu sehen!

Fazit: Für mich haben sie Rambo völlig zufriedenstellend in unsere Zeit gebracht und gezeigt, dass auch noch eindrückliche, ultrabrutale Actionfilme jenseits von Comicverfilmungen möglich sind. Rambo-Fans und Anhänger härtester „realistischer“ Kriegs-Action dürften nicht enttäuscht werden! Dafür gibts von mir fünf von sechs Punkten.

Freitag, 4. Juli 2008

MASS EFFECT (PC) - Gamekritik

Positiv:
  • unvergessliches, extrem detailverliebtes und glaubwürdiges Universum
  • aussergewöhnlich spannende, wahrlich epische, immer wieder überraschende Story mit furiosem, restlos überzeugendem Finale
  • phänomenales Figurendesign (sowohl optische Erscheinung, als auch Persönlichkeit) mit unglaublich lebensechter Mimik und Gestik (gleichermassen Mensch und Alien!)
  • brilliant geschriebene, flexible Dialoge mit konsequenten moralischen Konflikten und spürbaren Auswirkungen der Entscheidungen des Spielers
  • insgesamt ausserordentlich gute deutsche Lokalisierung (stimmlich v.a. Ashley, Joker und die Sovereign)
  • Schwierigkeitsgrade (5 verschiedene) jederzeit wählbar


Negativ:

  • Nebenmissionen definitiv zu monoton (identische Levebauten) und zu unspektakulär bzw. ereignisarm (wenige wirklich interessante Subplots bzw. wenig Narration)
  • Story (Hauptmissionen insgesamt) für ein RPG definitiv zu kurz
  • zu einfach; Gegner sind zu schwach (beim ersten Spieldurchlauf kann man den 4. und 5. Schwierigkeitsgrad nicht auswählen) und man wird viel zu schnell viel zu reich
  • Universum wirkt noch zu unbelebt (zuwenig Aktivität in zuwenigen begehbaren Städten)
  • Gruppenmitglieder reagieren nicht immer auf Befehle

Wie lange hat der science-fiction-versierte Rollenspiel-Fan gewartet. Ständig kamen diese reinrassigen mittelalterlichen Fantasy-Games, die man zwar gerne spielte, welche schlussendlich aber nur die Sehnsucht nach Sci-Fi nährten. Dann, vor ein, zwei Jahren, nachdem klar wurde, dass sich BioShock in eine groteske Vergangenheit verlagerte und STALKER eher in einer apokalyptischen Gegenwart angesiedelt war, zeichnete sich plötzlich die Silhouette eines Hoffnungsträgers ab: Mass Effect! Von niemand geringerem als BioWare, dem quantitativ wie qualitativ geliebten Rollenspiel-Spezialisten. Und die in das Spiel gesetzten Erwartungen wurden in vielerlei Hinsicht auf brilliante Weise eingelöst.


In diesem Sinne zuerst einmal: Danke BioWare, dass ihr ein so wunderbares Universum geschaffen habt! Nicht nur ist Mass Effect reinrassige Sci-Fi (wenn es das überhaupt gibt), sondern es ist, für ein Computer-Spiel, fantastische Hard Sci-Fi! Lange ist es her, seit ein futuristisches Universum in diesem Masse durchdacht war und erläutert wurde. Mit anderen Worten: so glaubwürdig war. Danke auch, BioWare, dass ihre im Gegensatz zu Final Fantasy XII, in erster Linie an die Story gedacht und etwas dementsprechend besonderes geschaffen habt! Danke dafür, dass die Figuren des Spiels dermassen faszinieren, sowohl von der äusseren Erscheinung her, als auch von ihrem Charakter und dies gleichgültig, ob es sich um menschliche oder extraterrestrische Individuen handelt. Danke schliesslich, dass ihr mir im Gegensatz zu BioShock die Freiheit auch tatsächlich gebt, anstatt weitgehend leere Versprechungen zu machen. Das fängt bereits mit dem übersichtlichen, aber dennoch vielseitigen Figuren-Editor an.
Kurz gesagt: Mass Effect macht verdammt viel verdammt richtig!
Bereits bei obiger punktuellen Auflistung fällt aber auf, dass es immer noch einige negative Aspekte gibt, die ich im folgenden, mehr noch als die positiven Aspekte, ausführen will. Dies soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass ich das Spiel insgesamt für brilliant halte und mich dermassen in sein Universum, die Story und meine Partymitglieder verliebt habe, dass ich das Game mit fünfeinhalb von sechs Sternen bewerte. Hätte BioWare nur einige der genannten negativen Punkte ausgemerzt, wie der eher zurückhaltende Einbezug der Gruppenmitglieder in den Hauptplot, würde ich sofort uneingeschränkt von einem Sci-Fi-Meisterwerk sprechen.
Beginnen wir mit der Kritik gleich bei der Spielwelt. Wie bereits angetönt, ist das eigens für diese Trilogie geschaffene Universum an und für sich eine kleine Offenbarung. Theoretische Grundlage bildet eine spielinterne, umfassende Enzyklopädie, genannt Kodex. Ein Grossteil der Glaubwürdigkeit geht allein vom darin textuell vermittelten Wissen aus (lest also bloss fleissig!). Doch leider ist der Kodex absolut optional und die daraus erziehlten Kenntnisse für das Verständnis des Spielgeschehens meistens zwar hilfreich, aber nicht nötig. In diesem Sinne funktioniert mir das Universum als in einem Rollenspiel besonders wichtiger Inhalt noch zu sehr über den Kodex. Ich hätte diese Exposition lieber über die Narration im Spiel oder Zwischensequenzen, und weniger über isolierte, optionale, textbasierte Enzyklopädien. Im Vergleich zur theoretischen Basis wirkt die konkrete Spielwelt (deswegen) schlicht noch zu unbelebt. Man kann insgesamt nicht nur zuwenig Städte besuchen, sondern erhält in diesen auch zuwenig Einblick in den Alltag des Universums, selbst in Citadel, sodass man rein von der Inszenierung der konkreten Spielwelt her kein wirkliches Gefühl für das reich bevölkerte, konfliktgeladene Universum bekommt. Hier hat beispielsweise ein durchaus vergleichbares Spiel wie Fable deutlich mehr überzeugt.


Die zentrale Story des Spiels, welche über die Hauptquests erzählt wird, hält in puncto Rasanz und Intensität, Epik und Existentialität locker mit den grossen Genrevertretern (Final Fantasy XII lässt es in dieser hinsicht beispielsweise weit hinter sich) mit und fesselt einen unweigerlich immer wieder mit ihren moralischen Konflikten. Die Inszenierung der Hauptquests sollte jeden vollends begeistern. Ich denke treffend gesagt verschmilzt die Geschichte mit dem genialen Universum und den faszinierenden Figuren zu einem unvergesslichen Spielerlebnis. Es gibt so einige unvergessliche Momente, von denen hier das monumentale Finale, bei dem nochmals alle Register gezogen werden, besondere Erwähnung finden soll. Monumantale Veränderungen im Universum, echte Dilemmas bei den Entscheidungen, noch aufwendigeres Leveldesign und epische Zwischensequenzen – genauso wollen wir das bei einem richtigen RPG! Der Showdown und Epilog verschaffen eine unheimlich zuversichtliche Vorfreude auf den Nachfolger.
Trotz der inszenatorischen Finesse und der vielschichtigen, existentiellen Geschichte, bleibt ihre Kürze zweifelsohne ein Wehrmutstropfen. Denn um richtig in einer Rollenspiel-Welt zu versinken (oder: für ein wirklich erfülltes Rollenspiel-Erlebnis), brauche ich einen Hauptplot, der mich länger als zwanzig Stunden fesselt. Am liebsten über mehr Hauptmissionen bei gleichbleibendem Spannungslevel und gleichbleibender Missionslänge. Klar, die Rasanz wird leiden, aber ich muss in einem Rollenspiel nicht so zielstrebig vorankommen, wie in einem Ego-Shooter. Ich will lieber intensiv die Spielwelt, die zentralen Figuren und deren Konflikte erleben. Wieso baut BioWare nicht noch einige Subplots ein bzw. verwebt einige der besseren Nebenmissionen mit den zentralen Aufträgen? Beispielsweise die optionalen Missionen für Wrex (Rüstung) und Garrus (Doktor „Mengele“). Auf diese Weise verbringe ich auch automatisch mehr Zeit mit diesen. Meine Mitkämpfer, gerade wenn sie solch über alle Zweifel erhabenen Persönlichkeiten sind, wie in Mass Effect, gehören als Teil der treibenden Kraft der Hauptstory ohnehin noch mehr in den Hauptplot. Ich will ihnen nicht ständig (auf der Normandy) nacheilen, um mit ihnen etwas zu erleben. Sie sollen noch aktivere Figuren sein und, zusätzlich zu den spontanen Kommentaren, vermehrt selbständig Ereignisse auslösen.


Nebst der Quantität des Hauptplots stösst die Qualität der Nebenmissionen auf kollektiv geteilte Kritik. Sie sind aber der einzige „richtige“ Kritikpunkt an Mass Effect. Dafür gibt es drei triftige Gründe:
Erstens die Levelbauten. Während die Locations der Hauptissionen sehr detailverliebt und abwechslungsreich gestaltet wurden, sind die Hauptquartiere, Bunker, Tunnelsysteme und Schiffe der Nebenmissionen von der Grundstruktur her jeweils identisch. Lediglich die individuelle Inneneinrichtung (Kisten und Geräte) ermöglicht eine Unterscheidung.
Zweitens der Mako. Dieser steuert sich am PC zwar recht spassig, ist meiner Meinung nach aber noch zu mächtig. Erst etwa 85° Steigung halten ihn auf, während ein Aufprall aus 50 Meter Höhe auf die Oberseite des Gefährts sogar ohne jeden Schaden bleibt. Auf diese Weise wird die an und für sich völlig zufriedenstellend designte Landschaft zur Nebensache. Man nimmt sie gar nicht richtig wahr. Mir ist schleierhaft, wieso man den Mako nicht schwächer, aber dafür aufrüstbar gemacht hat.
Drittens die Missionsstories. Angesichts des kurzen Hauptplots gibt es verhältnismässig zuwenig Nebenmissionen, die eine wirklich interessante kleine Geschichte erzählen (z.B. Kampf gegen KI beim Händler auf Citadel; Mann auf Schiff im ewigen Kryoschlaf; Nebenmissionen von Wrex und Garrus; Cerberus). Meistens gibt es zudem während dieser Missionen fast keine Narration in Form von Zwischensequenzen oder Dialogen. Selbst die spontanen Kommentare der Gruppenmitglieder in den Hauptmissionen bleiben aus. Anderseits hört man im Fahrstuhl der C-Sicherheit auf Citadel Radioberichte über die Taten des Spielers, jedoch nur dort.
Insgesamt sind die Nebenquests aufgrund dieser drei Defizite definitiv zu eintönig und ereignislos ausgefallen. Sie verkommen mit der Zeit sogar zur Pflichtübung: Nach Abwurf Blick auf Karte, dann mit dem Mako ungehindert schnurgerade auf den Zielort rasen, dann auswendig gelerntes Gebäude stürmen und säubern, schliesslich Missionsende ohne weiteres Ereignis. Auf diese Weise geht ein nicht unwesentlicher Teil der herrlich geheimnisvollen Atmosphäre verloren, welche in den intensiven Hauptmissionen entstanden ist. Es hört sich hier aber schlimmer an, als es schlussendlich ist. Man spürt immerhin bereits ganz klar, dass die Idee der Nebenmissionen (mit Mako unbekannte Planeten erforschen) und damit verbundene, unheimlich fruchtbare Stimmung "Allein-auf-dem-Mond" absolut funktionieren und das Spielerlebnis entscheidend bereichern könnte. In diesem Sinne kann BioWare beim nächsten Teil ohne viel aufhebens punkten. Hoffentlich warten sie auch gleich mit einem selbst steuerbaren Raumschiff auf. So könnte man ein potentiell noch besseres Gefühl für das Universum bekommen.


Das Ballern (hab das Spiel nur einmal als Infiltrator und ausschliesslich mit Scharfschützengewehr, Grataten und Pistolen gelöst), geht wunderbar eingängig vonstatten. Dank der unzähligen Upgrades und Munitionsarten wird eine traumhafte Tiefe hinsichtlich der Ausrüstung und Bewaffnung erreicht. Auch taktisch tun sich erfreulich viele Möglichkeiten auf. Schade nur, dass die Teammitglieder nicht immer exakt auf Befehle reagieren. Das eigentliche Problem ist aber, dass das Spiel noch zu leicht ist, selbst auf dem 3. Schwierigkeitsgrad (4 und 5 sind beim ersten Durchspielen noch nicht auswählbar). Zum einen sind die Gegner schlicht zu schwach, zum andern wird man extrem schnell viel zu reich. Das ganze Handelssystem wird dadurch komprommitiert.
Man merkt also, dass in Mass Effect noch reichlich ungenutztes Potential steckt. Ich hoffe nun, dass sich BioWare auch weiterhin an seine Tugenden hält und die Story im nächsten Teil nicht plötzlich zu kurz kommen lässt. Die Grafikengine und viele Teile des Universums stehen ja bereits, sodass einem weiteren dermassen fesselnden Abenteuer wenig im Weg stehen sollte.

Fazit: Ein fantastisch erzähltes, wahrhaft episches Hard-Sci-Fi-Abenteuer in einem grandiosen Universum. Leider vermag das Design der Nebenmissionen nicht in diesem Ausmass zu überzeugen. Dennoch schlicht und einfach ein Muss für jeden Science-Fition-Fan! Und definitiv eines der besten drei Spiele des Jahres!