Freitag, 25. April 2008

Wieso das BIO den SHOCK nicht verdient - Teil 2: System Shock 1 vs System Shock 2


Erst mal: Tut mir leid für die enorme Verspätung. Ich hatte das ganze einfach unterschätzt!

Dann noch: Es geht mir bei dieser Rezension nur um vergleichbare, d.h. inhaltliche Faktoren wie Setting, Story & Plot, Figuren & Gegner oder Spielelemente, nicht um die technischen und deshalb nicht-vergleichbaren Parameter des Spiels wie Grafik und Sound. Im Vordergrund steht der differenzierte Vergleich der beiden Titel, um erstens zu verdeutlichen, wieso der Nachfolger meiner Meinung nach das bessere Spiel ist und zweitens, um die Basis für den abschliessenden Vergleich von System Shock 2 und Bioshock zu schaffen. In diesem letzten Beitrag werden weitere Facetten von SS2 beleuchtet werden.
Ich verweise häufig auf bestimmte Audio-Logs, weshalb ich alle diese Files der beiden Spiele inklusive den Handbüchern in einem Archiv hier zum download anbiete (alternativ auf Englisch ohne Handbuch SS1: hier; SS2: hier). Leider liessen sich nicht alle Logs zweifelsfrei ordnen oder benennen. Bei ersteren wird die Nummer weggelassen, letztere mit einem „x“ gekennzeichnet.
Aufgrund der Grösse dieses Beitrags entschuldige ich mich schon jetzt für häufige Wiederholungen, „Unsystematikheiten“, Helvetismen und exzessive Klammern!

So, jetzt aber:


System Shock 1 (SS1):

SS1 war für das heutige Action-Adventure (einfach Ballern meets Erkundung/Plot meets Charakterentwicklung, wobei letzteres etwas im Hintergrund stand), was Quake für den reinrassigen Shooter bedeutete. Als wegweisend kann vor allem das komplexe Spielprinzip (der Genre-Mix), der Bösewicht (SHODAN!!!), die Inszenierung (komplexe, aber plausible und motivierende Story und Plot), das nicht-lineare Leveldesign im Sinne einer Open-World und kleinere formale Novitäten wie Physik-Engine (Gegenstände prallen z.B. von der Wand ab) und komplexe Bewegungen (wie z.B. links-lehnen) bezeichnet werden.


System Shock 2 (SS2):

Während SS1 viel mehr Pionierarbeit war, baut SS2 nach dem Ideal eines Nachfolgers die Stärken des Erstlings konsequent aus und minimiert seine Schwächen. Es ist eindeutig dramatischer, komplexer, mysteriöser und existentieller. Story und Plot, sowie der Rollenspielaspekt erfahren eine drastische qualitative Steigerung. Da die Rollenspielanteile stark an Bedeutung gewinnen, wirkt das Spiel nun derart ausgewogen, dass sie weder eindeutig dem Action-Adventure noch dem Action-Rollenspiel zugeordnet werden kann. Angesichts dieser jahrelang ungeschlagen konsequenten Genrevermischung und der trotzdem meisterhaft gewährleisteten Spielbarkeit, wage ich sogar zu behaupten, dass SS2 eines der „flexibelstenSpiele aus der Ego-Perspektive ist (vergleichbar war sicherlich Deus Ex, ein geistiger Nachfolger, der von storytechnischer und spielerischer Sicht her diese Bezeichnung verdient). Meiner Meinung nach siegt SS2 ohne jeden Zweifel in allen Belangen über den Vorgänger, ausser in der Darstellung von SHODAN selbst. Allerdings halte ich „Die Masse“ für eine ebenso wertvolle Ergänzung, weil sie einerseits als eigenständige Partei neue Aspekte der Menschlichkeit beleuchtet (Kollision mit der monströsen Biologie anstelle Technologie) und anderseits für eine höhere „Konfliktkomplexität“ sorgt (die neuen Konfliktpotentiale werden auch besser genutzt; vgl. Kapitel "Figuren" und "Gegner"). Beide Spiele folgen aber einem ganz ähnlichen Gruselprinzip, bei welchem vorwiegend auf ständiges Grauen und Suspense (einen permanenter subtilerer Angstzustand), anstelle auf viele einzelne Schreckmomente (die Doom-übliche Holzhammer-Schock-Therapie) gesetzt wird.




***SPOILER ALARM!!!***




Ausgangslage und Setting:

In SS1 ist in „naher“ Zukunft angesiedelt. Eine hochentwickelte, autonome KI namens SHODAN, welche die Sicherhheitskontrolle der Forschungsstation Citadel übernimmt, bekommt von einem Hacker (der Spielfigur) die moralischen Wertgrundsätze entfernt, worauf sie sich selbst aufgrund ihrer Überlegenheit den Menschen gegenüber als Gott definiert und von der Station aus beginnt, eine neue Weltordnung zu schaffen. Die Spielfigur, die zu dieser Handlung vom Vizepräsidenten von TriOptimum, Edward Diego, genötigt wurde, erwacht auf der zweckentfremdeten Hospitalebene aus dem Regenerationsschlaf und weiss nicht, was genau mit der Station geschehen ist.
Der Spieler befindet sich ständig auf dieser erdnahem Station Citadel, welche nun Schauplatz der apokalyptischen Tyrannei SHODANs ist. Er schlägt sich gegen grösstenteils mechanische Gegnerhorden durch die zehn Ebenen der Einrichtung, unter anderem durch die verseuchten Freizeitbereiche des Management- und Wohnviertels (mit den für die Story in beiden Teilen zentralen Biozonen), durch die verstrahlte Reaktorebene, durch das von Leichen versprengter Teams übersäte Flugdeck, bis auf die völlig umgebaute, nun eklig pulsierende Brücke vor, wo der zentrale Knotenpunkt von SHODAN liegt.
Die Ereignisse von SS2 sind 42 Jahre danach angesiedelt. Der wiedererstarkte Megakonzern TriOptimum befindet sich in einem kalten Krieg mit der UNN (United Nations Nominate). Aus Angst vor einem offenen Konflikt wird zur Ablenkung das noch von Kinderkrankheiten behaftete, überlichtschnelle Forschungsschiff von TriOptimum, die Von Braun, in Begleitschutz ausgerechnet eines Kreuzers der UNN, der Rickenbacker, die auch noch vom Sohn von Edward Diego befehligt wird, auf einen Jungfernflug in unbekannte Gebiete des Alls entsendet. Monate später erhält die Erde ein fragmentarisches Notsignal, worin Chefingenieurin Delacroix mitteilt, dass beide Schiffe von einer unbekannten Macht übernommen wurden. Als sie eine Warnung aussprechen will, bricht das Signal ab. Der Spieler erwacht, ohne Erinnerung an die Ereignisse der letzten Wochen und plötzlich mit Cyber-Implantaten ausgerüstet, im Kryo- Regenerierungsraum an Bord der Von Braun. Er ist 47 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt auf zwei havarierten Raumschiffen gefangen, deren Crew in schreckliche, feindseelige Fratzen verwandelt ist. Bald stellt sich heraus, dass die beiden Schiffe kurz vor einem Bürgerkrieg standen, als sie selbst ein Notsignal empfangen hatten – von unbesiedeltem Gebiet!
Ebenen (insgesamt elf) sind z.B. das grauenerregende Details regnende Hydroponikdeck (wo die Assimilation der Crew begonnen hat), das von dramatischen Enthüllungen triefende Steuerungsdeck (inklusive Kaserne, Messehalle und Quartiere), der dunkle und verwinkelte Kreuzer UNN Rickenbacker, der lebende Körper der Vielheit selbst (die Masse, vgl. unten) und schlussendlich eine Art Parallel-Universum bzw. die cyberhafte Gedankenwelt von SHODAN (ein wilder Mix aus Teilen der Hospitalebene aus SS1).
Wie man unschwer erkennen kann, sind sich die Ausgangslagen für den Spieler in beiden Titeln sehr ähnlich. Man weiss nicht, was vorgefallen ist und muss dies auf sich allein gestellt herausfinden (NPCs haben zwar Vorarbeit geleistet, gesellen sich aber in keinem der beiden Spiele dazu, sondern sind höchstens über eine einseitige akustische Weise mit dem Spieler verbunden). Der zweite Teil gefällt mir jedoch mit seinem unendlich verlorenen Setting (67 Bio. Meilen von der Erde entfernt!) und dem ganzen Mysterium um die Quelle des Notsignals besser als der erste, der in keinem Moment wirklich mysteriös und bei welchem die Situation von Anfang her klarer und die Hoffnung auf Hilfe von Aussen grösser ist. Ausserdem erscheinen mir die einzelnen Ebenen in SS2 abwechslungsreicher und plausibler bzw. authentischer gestaltet (oder anders gesagt sind die Levels in SS1 unnötig gross und motivieren von der Gestaltung her nicht wirklich zur freien Erkundung).




Story und Plot:

Bereits im ersten Teil erfolgte die Storypräsentation (die Erzählungsdarbietung, der Plot) weitgehend über Audio-Logs, welche man auf der Station verstreut findet. Trotz der Tatsache, dass es sich um eine sensationelle Story und Plot handelt (definitiv für 1994), bleibt beides im Vergleich zu SS2 eher banal. Nicht nur der Plot ist wesentlich geringer (weniger Audio-Logs im gesamten Spiel; SS1: ca. 110, SS2: ca. 250; wobei sich die Gesamtspieldauer der beiden Spiele nicht wesentlich unterscheidet) und detailarmer (insgesamt nicht so ausführliche Schilderung der vergangenen Geschehnisse in den Logs), sondern auch die Story ist längst nicht so komplex wie beim zweiten Teil (ein viel weniger verworrenes Netz von Fakten über das vergangene Geschehen; auch keine solch markanten Wendungen wie der grosse Storytwist um Polito in der ersten Hälfte von SS2).
SS1 weist gegenüber SS2 ein deutliches emotionales Defizit, eine emotionale Distanz hinsichtlich des Plots und der Story auf. Diese ergibt sich meiner Meinung nach hauptsächlich aus vier Punkten. Erstens hat es nur in SS2 richtig dramatische Audio-Logs. Die Figuren in SS1 sind eigentlich in jedem Augenblick, selbst angesichts des Todes, (mehr oder weniger) gefasst, während in SS2 immer wieder Angst und Terror direkt aus den Aufzeichnungen spricht. Zweitens werden dem Spieler durch die gescripteten Geistererscheinungen dramatische Momente quasi live vor Augen geführt (vgl. [1]) und man trifft auf Lebende und Sterbende, wobei in beiden Games noch Personen am leben sind, als man das Spiel beginnt (vermutlich war jedoch die Grafik-Engine des Erstlings gar nicht dazu in der Lage, physische NPC-Auftritte zu realisieren). Ein dritter, noch gravierender Punkt für die Unmittelbarkeit der Story (und somit für den Tiefgang des Spieles insgesamt) findet sich in den Figurenkonstellationen und -zeichnungen an sich, was jedoch ein eigenes Kapitel bekommen soll. Ebenso wird der vierte Punkt (der in diesem Fall aussergewöhnlich eng mit der Emotionalität der Spielers und seiner Identifikation mit der Spielfigur verbunden ist), die Feinde, in einem separaten, dem übernächsten Kapitel besprochen.




Figuren:

Die Menschen agieren in SS1 als nahezu geschlossene Einheit gegen SHODAN und ihre Experimente und bleiben deswegen (verglichen mit den Menschen im zweiten Teil) eher blass. Diego erscheint im Spiel als SHODANs Marjonette, weil seine Beweggründe weitgehend im Dunkeln bleiben. Die Story-Konflikte beschränken sich somit auf die Gegensätze der Parteien „Mensch“ und „Maschine“. Sie werden jedoch fast ausschliesslich im Handbuch direkt thematisiert (vgl. z.B. S. 12). Für das „fast“ haben ein paar wenige, aber geniale Audio-Logs gesorgt, in welchen SHODAN ihre Weltvorstellung kundtut und dabei die Unzulänglichkeiten der Menschen ausdrücklich anspricht (vgl. z.B. [2] und [3]). Der zweite Teil geht in dieser Hinsicht abermals einen Schritt weiter, indem etwas für die storytechnische Komplexität fundamentales passiert: die Menschenpartei wird mehrfach gespalten. Es kommt (zusätzlich zum eingeschränkten Klassenkampf in beiden Teilen) zum offenen Konflikt unter den Menschen selbst (bereits im Handbuch eine stark erweiterte wirtschafts-politische Ebene: TriOptimum vs. UNN).
Das Spiel hat auch bedeutend mehr Figuren, welche ausführlich charakterisiert werden (vielschichtiger sind) und deren Schicksal dem Spieler nahegehen (SS1: Chiran, Parovski, Schuler; SS2: Bronson, Curtiz, Delacroix, Diego, Korenchkin, Polito, Siddons & Suarez). Die ganzen Crews in SS2 wirken insgesamt lebendiger, authentischer. Sie weisen eine höhere Bandbreite an Typen auf (neuerdings z.B. Liebespaare), werden viel eindringlicher mit ihren Ängsten konfrontiert, verlieren zeitweise den Kopf und begehen sogar Selbstmord. Ein „Eigenleben“ in diesem Ausmass besitzen die Figuren in SS1 nicht.




Gegner:

SHODAN (übrigens gefällt mir Stimme der Deutschen Version von SS1 viel besser als jene der Englischen; vgl. [4]) war in SS1 klar der Hauptgrund für die Sogwirkung der Story (vgl. erneut [2] und [3]). Ich denke man kann sagen, dass sie im ersten Teil eine interessantere Figur ist als im zweiten. Weniger, weil sie da ihren ersten Auftritt hat (und deshalb unverbraucht ist), sondern weil SHODAN viel emotionaler und launischer ist (vgl. [5]), was sie noch beängstigender macht als im zweiten Teil, worin sie fast auschliesslich dieses kühl-berechnende zeigt. Ausserdem ist SHODAN in SS1 das ganze Spiel über omnipräsent, während sie im zweiten Teil einen beträchtlichen Teil der Spielzeit quasi abwesend ist. Diese beiden Punkte lege ich einerseits als deutlichen Vorteil des Erstlings aus, denn für mich ist SHODAN an sich und ihre unvergleichliche Art, wie eine verrückte Wissenschaftlerin zu agieren, ein elementarer Bestandteil von System Shock. Anderseits wird in SS2 eine „völlig“ neue Partei eingeführt, welche SHODAN erstaunlich gut „ersetzt“ bzw. ergänzt: „Die Masse“. Ein Kollektiv aus Monster gewordenen Menschen (grösstenteils organischer Körper und Gehrinwäsche) und künstlichen organischen Kreaturen. Es geht nun nicht mehr nur um die Auseinandersetzung zwischen Mensch und Maschine, sondern zusätzlich um jene zwischen Mensch und organischem Monster (und/oder Individuum und Kollektiv) – konsequenterweise sogar um jenen zwischen Technologie und Biologie (SHODAN und die Masse bekriegen sich selbst, wobei interessant ist, dass die Masse SHODAN gegenüber eine ganz ähnliche Rolle einnimmt, wie letztere im ersten Teil der Menschheit gegenüber). Zusätzlich zum (in SS2 zwar insgesamt eingeschränkteren) maschinellen Horror von SHODAN wird dadurch in SS2 der eigenständige, aber ebenbürtige organischen Horror der Masse und somit ein noch grösseres Konfliktpotential geschaffen als im Erstling. Das eigentlich grandiose dabei ist aber, dass dieses Potential auch ausgiebiger genützt wird als in SS1, denn die Gegensätze zwischen den Parteien werden viel stärker herausgearbeitet bzw. betont. So wird der Spieler im Nachfolger den existentiellen Konflikten (Mensch/Maschine/Monster) z.B. direkt ausgesetzt, indem die beiden Parteien ihn öfters von ihrer Weltvorstellung zu überzeugen versuchen (die Masse projiziert zum Beispiel existentielle Fragen direkt in die Wahrnehmung des Spielers [vgl. [6]]; auch SHODAN sieht sich schlussendlich dazu gezwungen).
Unterstützt wird diese erhöhte Tendenz zur direkten Spieler-Adressierung (eine stärkere Identifikation mit der Spielfigur) dadurch, dass im zweiten Teil der Fokus stärker auf der Tatsache liegt, dass die Monster früher einmal Menschen waren. Erstens weil man unzählige Verwandlungen über Audio-Logs miterlebt (eine Audio-Log in SS1, die erstaunlicherweise auch noch mit den Ahnen der Masse, den Virus-Mutanten zusammenhängt; vgl. [7]). Zweitens dadurch, dass man dies bei den in SS2 am häufigsten vorkommenden Gegnertypen, den Einheiten der Masse, optisch und/oder akustisch explizit vermittelt bekommt (hohe Menschenhaftigkeit in beiderlei Hinsicht bei Hybriden und Midwifes; höchstens akustisch bei Reavern; höchstens optisch bei Grunts). Zwar geben in SS1 die Cyborg Drohnen, welche überwiegend mechanisch sind, bei ihrem Ableben einen menschlichen Schrei von sich, bei SS2 jedoch würgt ein Hybrid während seiner Attacken sogar Sätze wie „Töte mich!“ raus. Mehr noch, während in SS1 alle Gegner (bis auf SHODAN natürlich) in dem Sinne stumm sind, als sie keine Worte von sich geben, werden in SS2 selbst die Roboter zum Sprechen gebracht. Dieses „Sprechen“ begrenzt sich nicht nur auf das militärisch korrekte Protokoll eines MP Bots (z.B. bei Sichtung der Spielfigur „Mögliche Anomalie in diesem Gebiet“), sondern weitet sich bis auf ein wahnsinnig anmutendes Gebrabbel der umprogrammierten Protokoll Droiden aus (z.B. während seiner Attacken „So sind wir eben bei TriOptimum“). Selbst die wiederholt auftauchenden Cyborg Assassinen geben neuerdings Worte wie „Human“ von sich. In SS2 werden bei den Gegnerarten ständig Analogien zum Menschsein gezogen. Während der Nachfolger das beängstigende, existenzielle post-humanistische Konzept der Übertechnologisierung (Mensch/Maschine-Thematik) von SS1 optisch nicht zu erreichen vermag (in SS2 gibt es lediglich ein expliziter Mensch-Maschinen-Hybrid: die Midwife), baut es dieses in akustischer Hinsicht weiter aus.
Seinen Schwerpunkt setzt SS2 aber generell auf das organisch Monströse. Ich meine hier diese schreckliche Entartung des Lebens (die Assimilation durch die Masse), das entfernte, aber immer noch erkennbare humanoide, das die Gegner (und die Masse allgemein) so angsteinflössend macht. Die Gegnerriege in SS1, die grösstenteils (16 von 24 Gegnertypen; vgl. hier) völlig mechanisch oder optisch und akustisch nichts mit einem Menschen gemeinsam haben, beängstigen mich in kleinerem Ausmass (wenn schon aufgrund ihres Gefahrenpotentials . Bezeichnenderweise finde ich, dass bereits in SS1 die erschreckendsten Gegner (rein von den von ihrem Aussehen ausgehenden Assoziationen her) die humanoiden sind, sei dies nun in Vermischung mit Technologie (z.B. Cyborg Drohne) oder monströser Biologie (z.B. Mutanten).
Einzuwenden bleibt aber, dass SS2 eine um ein vielfaches geringere Gegnervielfalt bietet als SS1 (SS1: 24; SS2: 14). Dies kann man an sich uneingeschränkt als Nachteil werten, obwohl die Gegnerriege (dadurch) im zweiten Teil nachvollziehbarer aufgebaut ist.




Spielelemente:

Neben diesen Verbesserungen im Story/Plot-Aspekt, baut SS2 auch das Spielprinzip ungemein aus. Der Rollenspiel-Aspekt rückt mehr in den Vordergrund, was bedeutet, dass man nun in drei völlig verschiedenen Klassen (Ballern, Hacken, PSI-Kraft) aufleveln kann, anstatt auf eine festgelegt zu sein (eine Mischung aus Ballern und Hacken in SS1). Erstmals beeinflusst die Wahl bei der Charakterentwicklung ebenfalls, ob der Spieler eine Waffe oder einen Angriff überhaupt handhaben bzw. ausführen kann. Darüber hinaus kann man (bei vorhandener Fähigkeit dazu) auch Feuerwaffen in verschiedenster Hinsicht modifizieren. Neben dieser Diversifikation bezüglich der Breite der Charakterentwicklung, erhöht SS2 auch die Wahl in der Tiefe, denn es gibt jeweils deutlich mehr Upgrades als noch bei SS1 (insgesamt natürlich auch; vgl. zu diesem Thema hier). Aber egal welch noch so absurde Konfiguration sich der Spieler zusammenstellt, der Spielfortgang wird auf geniale Weise sichergestellt.
Das dreidimensionale Cyberspace, worin beim Erstling unter anderem die Charakter-Upgrades eingesammelt werden konnten, ist einem zweidimensionalen Mini-Game beim Hacken gewichen. Man kann dies als einen Schritt zurück werten, weil das Cyberspace ein wesentlicher Bestandteil von SS1 ist und als die sprichwörtliche Höhle des Löwen einfach zu System Shock gehört. Andererseits besiegt man SHODAN auch in SS2 in einer Art „weiterentwickeltem“ Cyberspace.
Jedenfalls kommen zusätzliche Spielelemente wie Forschung zum erstmaligen Einsatz (womit man sich z.B. Vorteile gegenüber der Gegner aneignen kann), während erneut kleine Videospiele implementiert werden. Wie bei den allermeisten Punkten, die hier beschrieben wurden, toppt SS2 seinen Vorgänger, indem es dessen Konzept (grob gesagt den Rollenspiel-Aspekt) stilsicher ausbaut und in keiner Weise auf platte Wiederholung verfällt.




Fazit:

Ich persönlich mag das Monströse am zweiten Teil so sehr, den Fokus auf die Verwandlung und ihre Konsequenzen. Insgesamt ist es aber das Zusammenwirken der oben beschriebenen Punkte (deutlich mehr Dramatik, Geheimnis, Komplexität und Existenzialität bei mehr oder minder samtlichen obigen Kapiteln) welche SS2 meiner Meinung nach klar über den Vorgänger heben. Im nächten Teil werde ich deshalb ausschliesslich System Shock 2 mit Bioshock in den hier gewählten Kategorien vergleichen.

Zur Warnung: ich sage mal vorsichtig, dass dies einen Monat Zeit in Anspruch nehmen könnte, weil ich bald Prüfungen hab und andere Posts (wie das GitS-Video) bevorzugen werde.



[1] vgl. Audio-Logs in den Ordnern "Cutscenes" unter System Shock 2.
[2] vgl. Audio-Log "03 - Unsere Arbeit" im Ordner "02 - Ebene R (Reaktorebene)" unter System Shock 1.
[3] vgl. Audio-Log "07 -Die Menschheit" im Ordner "01 - Ebene 2 (Forschungsebene)" unter System Shock 1.
[4] vgl. Audio-Log "english" unter System Shock 1.
[5] vgl. z.B. Audio-Log "08 - Sicherheit" im Ordner "07 - Ebene 7 (technische Abteilung)" unter System Shock 1.
[6] vgl. Audio-Logs in den Ordnern "Gedanken der Masse" unter System Shock 2.
[7] vgl. Audio-Log "05 - SHODANs Virus" im Ordner "03 - Ebene 3 (Wartungsebene)" unter System Shock 1.

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