Dienstag, 24. August 2010

Video: Medienwandel in der Schweiz



In unserem Seminar zum Zusammenspiel von Medienwandel und Gesellschaftswandel in der Schweiz ging es zunächst darum, "sämtliche" kostenlos und frei verfügbaren empirischen Datenquellen zu erfassen und katalogisieren. Ein Teil der Gruppe, einschliesslich mir, produzierte des Weiteren anstelle von Projektberichten jeweils kurze Thesenpaper und zusammen obigen Clip.
Ziel war es, aus den vorhandenen Daten ein möglichst unterhaltsames wie aussagekräftiges Video sozusagen als virales Marketing für die Division on Media Change and Innovation, deren Angehörige das Seminar leiteten, anzufertigen. Das Resultat kann wohl am einfachsten als die Schweizer Version von "Did you Know" (4.0), welches sich überwiegend mit dem Medienwandel in globaler Hinsicht auseinandersetzt, beschrieben werden. Es geht darum, dass man zunehmend von einem einzelnen, digitalen, permanent vernetzten, mobilen Gerät aus Zugriff auf einen schwindelerregend schnell anwachsenden Datenpool von Massenmedien, Internet und Telekommunikation hat. Insgesamt erlangt man einen immer umfassenderen Datenzugriff, wird als Nutzer aber auch immer transparenter. Verbunden mit der Tendenz zur unternehmungsbezogenen Konvergenz (Zusammenschlüsse), ergibt das einen tiefgreifenden medialen und gesellschaftlichen Wandel, der sich definitiv zu beobachten lohnt. Wir haben versucht, dies im Clip zu veranschaulichen.
Abgesehen von den unübersehbaren Anleihen am populären "grossen Bruder" und der zeitweise einen Tick zu hohen Geschwindigkeit, bin ich mit dem Ergebnis angesichts der Beschränkung auf die Schweiz und des überaus löchrigen frei verfügbaren Materials mehr als zufrieden.
Sehenswerte ähnliche Clips sind: The Beast File: Google, The Future Internet: Service Web 3.0



Offizieller Begleittext:

Medieninnovationen verändern die Art und Weise, wie wir öffentlich und privat kommunizieren. Während diese Veränderungen in anderen Ländern, wie etwa den USA, bereits gut dokumentiert sind, ist die Datenlage in der Schweiz noch recht mangelhaft.
Wie sieht also der Medienwandel in der Schweiz aus? Treffen die häufig kolportierten Befunde über die Krise der traditionellen Print- und Rundfunkunternehmen und den Boom bei Internetfirmen auch für die Schweiz zu? Welche Schlussfolgerungen sind daraus zu ziehen?
Studierende unseres Forschungsseminars haben die verfügbaren Statistiken über Veränderungen bei Massenmedien, Internet und Telekommunikation in der Schweiz zusammengetragen, damit gängige Thesen über die Auswirkungen des aktuellen Medienwandels überprüft und einige verblüffende Erkenntnisse zu einem Youtube-Video verarbeitet.

Wir hoffen, dass der Film die Diskussion des Medienwandels in der Schweiz belebt.

Weitere Infos zum Film
Dieser Film entstand im Forschungsseminar „Medienwandel - Gesellschaftswandel" von Prof. Michael Latzer und lic. phil. Andreas Braendle an der Abteilung Medienwandel & Innovation des Instituts für Publizistikwissenschaft und Medienforschung (IPMZ) der Universität Zürich

Credits

  • Recherche & Konzept: Eddie Brand, Patrizia Burger, René Köhne, Susann König, Kris Lüdi, Christian Stark, Silvio Wernli
  • Umsetzung: Kris Lüdi
  • Projektleitung: Michael Latzer & Andreas Braendle

Freitag, 28. Mai 2010

Quickie: Leben wir in einer Simulation?

Die renommierte Fachzeitschrift "Spektrum der Wissenschaft" veröffentlichte vor einiger Zeit im Themenheft "Parallelwelten - Über die grossen Rätsel des Universums" das witzige Kurz-Essay (2 Seiten) "Matrix Reloaded - Leben wir in einer Simulation?". Keine Angst, der Text behandelt nicht die schlechte Fortsetzung (oder den noch bedeutend enttäuschenderen dritten Teil) des modernen Klassikers, sondern setzt sich auf augenzwinkernde wie aufschlussreiche Weise mit dem Gedanken auseinander, dass unsere Realität eine bedeutend grössere arrangierte Illusion ist. Trotz der Tatsache, dass er aus einer streng wissenschaftlichen Zeitschrift stammt, liest sich der Text erstaunlich flüssig und ist leicht verständlich, da stets Parallelen zu Werken wie "Welt am Draht", "Per Anhalter durch die Galaxis" oder eben "The Matrix" gezogen werden.
Der Text kann hier im Original-Layout gratis und ohne Registrierung runtergelanden werden.

Mittwoch, 19. Mai 2010

Von der Rendersequenz zur Abschaffung der Zwischensequenz. ODER: Videospielspezifische Diegese während Story-Höhepunkten

Anmerkung: Definition Rendervideos
Vorgerenderte Zwischensequenzen sind Videoclips, welche nicht (direkt) von der Grafikengine des Spiels berechnet werden (=In-Engine-Videos), sondern oftmals mittels eigenständiger Animationssoftware langwierig vorberechnet (=vorgerendert) wurden. Einerseits können sie deshalb besser aussehen und alles darstellen, wo selbst die modernste Grafikengine versagt oder wo diese produktionsbedingt noch nicht vorzeigbar ist – weshalb Teaser und Trailer oftmals in dieser Form daher kommen. Anderseits sind sie deswegen per se nicht-interaktiv – was bei einem Medium, das in erster Linie über Interaktivität funktioniert eigentlich eher fehl am Platz anmutet (vgl. unterster Abschnitt).

Goldenes Zeitalter der vorgerenderten Zwischensequenzen
In den späten 90ern wartete ein Grossteil der Videospiele mit vielen zumindest technisch hochqualitativen vorgerenderten Zwischensequenzen auf. Diese tendierten nicht zuletzt aufgrund ihrer frappanten visuellen Überlegenheit dazu, wesentlich spektakulärer und intensiver als Videos in der Spielgrafik zu sein und werteten Story-Höhepunkte nochmals ordentlich auf. Nicht selten spielte sich damals nahezu die gesamte Story in diesen Rendersequenzen ab. Sie waren eine filmische Bereicherung des interaktiven Spielerlebnisses und als solche natürlich ein prestigeträchtiges Aushängeschild für die Industrie, wo es doch zu dieser Zeit noch fast keine Computeranimationsfilme gab.

Kurswechsel der Branche
Mit der 6. Konsolengeneration, gerade als Rendersequenzen vermehrt kinoreifes Animations-Niveau antasteten (z.B. Final Fantasy X (2001) [Ending], Silent Hill 2 (2001) [Intro], Onimusha 2 (2002) [Opening], WarCraft 3 (2002) [Intro, Call to Arms Trailer]; leider meistens in suboptimaler Qualität), begannen die Spieleschmieden zunehmend in Zwischensequenzen in der Spieleengine zu investieren. Die Folge für die nächsten Jahre waren deutlich weniger und technisch mittelmässige Rendersequenzen und mehr eher unbeholfene, weil oft noch auf Standard-Animationen basierende Videos in der Grafikengine. In vielen Spielen fehlten einfach die cineastischen Story-Höhepunkte, welche bislang die Rendersequenzen geboten hatten. Seit der aktuellen (7.) Konsolengeneration sind Rendervideos zwischen Intro und Outro und abseits von Trailern nun praktisch ausgestorben. Und wie man selbst als inniger Liebhaber dieser Clips heute endlich zugeben kann: zu Recht!


Aufstieg von In-Engine - „Diegese im weiteren Sinne“
Bereits 1998 demonstrierte das avantgardistische Meisterwerk „Metal Gear Solid“ auf der PlayStation 1, dass In-Engine-Videos hinsichtlich Dialog, Kamera und Schnitt filmreif gemacht werden können [Sniper Wolf's Death; hier aus der später erschienen, hochaufgelösten PC-Version]. Nur leider war die ganze Grafik (Auflösung, Texturen, Animationen und Modelle) damals noch nicht viel mehr als ein wabberndes Pixelmosaik [Opening; Original PS1-Version]. Inzwischen ist aber die „Grafikengine-Kunst“ ebenfalls salonfähig geworden. Längst lassen sich in der Spielgrafik kostengünstig und flexibel auch optisch überzeugende Zwischensequenzen realisieren, ohne dass diese „Diegese im weiteren Sinne“, die Grafikengine, verlassen werden muss. Modernste Konsolenpower braucht in ihrer höchsten Auflösung sozusagen keine Kantenglättung mehr, hat fotorealistische Texturen und ermöglicht filmreife Beleuchtung, Modelle und Animationen (Mimik!). Spiele wie Resident Evil 5 [Theatrical Trailer], Uncharted 2 [E3 '09 Trailer] und Final Fantasy XIII [Joy Ride] beweisen, dass man heute sogar In-Engine-Videos produzieren kann, die audio-visuell so fantastisch sind, wie es in früheren Konsolengenerationen nur Rendersequenzen sein konnten. Das Fehlen von letzterem fällt hier schon gar nicht mehr auf, sodass die „Grafikengine-Kunst“ die Renderkunst bei diesen und immer mehr Titeln praktisch gesehen eingeholt hat. Ein Ereignis, das ich lange herbeigesehnt habe.


Ausblick: Wahrung der Interaktivität – „Diegese im engeren Sinne“
Viel wichtiger, besonders im Hinblick auf die weitere Entwicklung des Mediums, ist natürlich, dass In-Engine-Videos nicht von vornherein die „Diegese im engeren Sinne“, die Interaktivität, verunmöglichen. Ich bin zwar der Meinung, dass zumindest für absehbare Zeit in vielen Spielen nicht-interaktive Videosequenzen eine sinnvolle Ergänzung zum interaktiven Spieleerlebnis darstellen können und werden. Aber langfristig gesehen ist es von höherer Priorität eine Verschmelzung von Spiel und Video zu fördern, welche sich der grossen Stärke des Mediums nicht verschliesst. Mehr bedeutende Storyereignisse zu schaffen, die nicht mehr als Zwischensequenzen bezeichnet werden können, weil sie das Spiel nicht unterbrechen. Eindrückliche Beispiele dafür, dass die Diegese in beiderlei Hinsicht in einem aussergewöhnlichen Ausmass gewahrt bleibt und man trotzdem cineastisch kinoreife Erlebnisse hat (und hochqualitative Rendersequenzen nicht misst), sind Heavy Rain [For Love Trailer] und Mass Effect 2 [Launch Trailer]. Schlussendlich weisen sie doch in die einzig sinnvolle Richtung, wenn Videospiele sich weiterentwickeln und als Kunstform wahrgenommen genommen werden wollen.

Daran, dass ich mich tierisch auf Diablo 3 [Debut Teaser] freue, wobei mich das eigentliche Spiel eigentlich gar nicht so interessiert, sondern ich es mir vorwiegend aufgrund des phänomenalen und hoffentlich reichtlich vorhandenen Rendermaterials zulegen werde, vermag diese Tatsache freilich wenig zu ändern.

Mittwoch, 24. März 2010

Quickie: King Arthur Suite

Manchmal frage ich mich, ob mein heutiger Musikkonsum nicht zu 95% aus Film- und Videospielemusik bestehen würde, wenn ich 1993 nicht den Jurassic Park Soundtrack gekauft hätte, sondern mich noch mehr auf Hassellhoff und derlei Pipifax konzentriert hätte. Naja, vermutlich nicht, weil diese beiden Medien seit jeher den Grossteil meiner Freizeit bestimmen.
Ich möchte hier nun - zwecks Lebenszeichen und so - eine der wenigen Suiten präsentieren, die ich selbst zusammengeschnitten habe. Es handelt sich dabei um die viertelstündige Themensammlung zu einem meiner Lieblings-Filmscores, "King Arthur" von Hans Zimmer, dem Musik-Künstler, den ich vermutlich am häufigsten überhaupt gehört habe.
Die Suite enthält sowohl Material aus dem regulären Soundtrack, als auch aus den "Complete Recording Sessions". Ich habe versucht die besten Passagen (schlussendlich 26 Teile) zu einem möglichst stringenten 4-Akter (vgl. unten) zu verdichten, wobei dessen einzelne Akte ebenfalls als eigenständige Stücke funktionieren sollten. Mit dem Ergebnis bin ich ganz zufrieden, obwohl diese 15 Minuten Dauer-MEGAKILL-Bombast schon recht lange sind. D.h. es geht zwar ab wie die Hölle, anderseits jedoch versucht ein Höhepunkt den andern zu überbieten, so dass es vielleicht schon wieder etwas zuviel des guten ist.
Den Track-Link hier einfach so anzubieten trau ich mich nicht, aber bei Interesse soll man mir doch einfach ne kurze Link-Anfrage schicken: eddie.brand[a]gmail.com. Ich werde sicher keinen Missbrauch mit den Mail-Adressen betreiben.

Akt 1: Prolog: Die Artussage (00:00 - 02:13) 02:13
Raue Zeiten (00:00 - 01:18)
Ritter der Tafelrunde (01:18 - 02:13)

Akt 2: Geschichte die mit Blut geschrieben wird (02:13 - 06:50) 04:37
Am längeren Hebel (02:13 - 03:01)
Chaos des Schlachtgetümmels (03:01 - 04:51)
Zu allem entschlossen (04:51 - 05:47)
Bitterer Sieg (05:47 - 06:50)

Akt 3: Horden - aber nur ein Gedanke (06:50 - 11:47) 04:57
Hinterhalt (06:50 - 07:44)
Armeen prallen aufeinander (07:44 - 10:02)
Das Finale Duell (10:02 - 11:47)

Akt 4: Epilog: Heimritt (11:47 - 14:57) 03:10

Sonntag, 14. Februar 2010

MASS EFFECT 2 (PC) - Gamekritik


Positiv:
  • Noch rasanteres Spieltempo (keinerlei „Arbeit“ im Sinne klassischer Rollenspiele, kürzere und dynamischere Dialoge, kurzweiligere Missionen, unzählige kleine Komfortfunktionen, sehr kurze Ladepausen)
  • wegweisender Einbezug des Vorgängers; d.h. Entscheidungen aus dem Erstling haben gravierende Auswirkungen, welche den Spieler in noch tiefgreifendere, weil individuell auf ihn zugeschnittene Dilemmas verwickeln
  • einzelne Missionen (besonders persönliche Missionen der Gruppenmitglieder) strotzen nur so vor moralischen Herausforderungen und folgenschweren bis epischen Entscheidungen
  • Bereicherung des genialen, glänzenden Space-Opera-Universums um düstere Unterwelt-Aspekte
  • zahlreiche neue Mitstreiter, die ebenso faszinierend sind wie die alten, wobei die Gruppenmitglieder und Nebenfiguren des Erstlings nicht einfach „vergessen“ werden
  • keine standardisierten Nebenmissionen mehr, sondern abwechslungsreiche Levelbauten und mehr Narration; d.h. dass nun sämtliche Missionen individuelle Einführungs- und Schlussequenzen und die meisten packende In-Engine-Zwischensequenzen haben
  • abwechslungsreichere Kämpfe dank optimierter Steuerung, Gegnervielfalt und Akustik
  • sehr gute Übersetzung und bis auf den Sprecher der primären Kodex-Einträge zufriedenstellende Synchro mit passenden, charakteristischen Sprechern
  • verfeinerte Optik (Animationen und Animationsübergänge, keine wabbernden Schattierungen mehr, hohe Kantenglättung)

Negativ:
  • Hauptstory verliert deutlich an Fahrt und Komplexität (besonders Finale & Epilog sind vergleichsweise enttäuschend)
  • banale Minigames (Ressourcen-Sammeln, Überbrücken, Hacken)
  • Gruppenmitglieder reagieren immer noch nicht jedes Mal auf Befehle
  • keine Fahrzeuge mehr (Fliegen bietet keinerlei spielerischen und atmosphärischen Wert)
  • fast keine Handels- oder sonst wie belebte, geschweigen denn begehbare Schauplätze mehr

Nachfolgende Kritik bezieht sich natürlich auf das hiesige Review des Vorgängers. Mein Shepherd gibts übrigens hier zu sehen.

Wo Mass Effect 1 sich noch in vielerlei Hinsicht als eher glänzende Space-Opera beschreiben liess, vollzieht Mass Effect 2 einen deutlichen aber gelungenen atmosphärischen Wechsel von hell zu dunkel und präsentiert sich mehr als Unterwelt-Abenteuer. Es beleuchtet in erster Linie die Abgründe jenseits der bereits bekannten glänzenden Oberfläche der galaktischen Gesellschaft, schreibt Zwietracht hinter der scheinbaren Einigkeit gross und bereichert das ohnehin geniale Universum auf diese Weise glaubhaft um ein düsteres Kolorit.
Wahrhaft wegweisend am Nachfolger ist der Einbezug der vom Spieler im Erstling getroffenen Entscheindungen. Diese bestimmen tatsächlich einen tonangebenden Anteil des Spielerlebnisses. Besser noch: der Spieler wird glaubhaft mit unerwarteten, mitunter erdrückenden Konsequenzen seiner scheinbaren Lösungen konfrontiert und auf diese Weise in weitere, tiefgreifendere moralische Frag(würdigkeit)en verwickeln. Spürbar öfters warten die erneut ausserordentlich abwechslungsreichen und dramatischen Hauptmissionen mit folgenschwereren Entscheidungen und echten Dilemmas auf als sämtliche mir bekannten Rollenspiele.

Die Dialoge sind zwar allgemein kürzer, erweisen sich aber dank neuartiger Dialogoptionen (farbige Antworten je nach gesammelten Abtrünnigen- oder Vorbild-Punkten), Quicktime-Events (vorblidliches oder abtrünniges handfestes Eingreifen in den Dialog) und einer Menge neuer Gesten und Verhaltensweisen (Figuren bewegen sich mehr im Raum während sie sprechen) als nochmals dynamischer. Und entgegen der schwindelerregenden Komplexität, die sich aus den möglichen Entscheidungen über die beiden Spiele hinweg ergeben, fügt sich ausnahmslos jede Dialogzeile, jede Geste, jede Kameraperspektive und jeder Schnitt reibungslos in einen in sich stimmigen Gesprächsverlauf ein. Filmreifer „inszenierte“ interaktive Dialoge hab ich bisher in keinem Videospiel gesehen. Daran mag der Umstand, dass Shepherd nun ärgerlicherweise seinen Helm auch in den Gesprächen nicht abnimmt, wenig zu ändern, da seine Körpersprache sehr ausdrucksstark ist.
Der Protagonist bekommt zwar ein weitgehend neues Team, doch glücklicherweise wird keines der ehemaligen Gruppenmitglieder einfach fallengelassen und manch eines überrascht mit einem interessanten bis beunruhigenden Sinneswandel. Die neuen Mitstreiter sind analog zum Atmosphärenwechsel mehrheitlich zwielichtige bis alarmierend gewaltbereite Gestalten. Alle überzeugen jedoch genauso wie beim Vorgänger durch phantastische Modelle, klasse Mimik und Gestik, starke, eigenwillige Persönlichkeiten sowie passende, charakteristische deutsche Sprecher. Die Gruppenmitglieder werden zudem erfreulicherweise in grösserem Masse in das Spiel eingebunden. Es sind nicht nur mehr und damit mehr Gespräche und Kommentare, sondern jede von ihnen „beansprucht“ auch zwei Hauptmissionen: die Rekrutierung und eine persöhnliche Angelegenheit. Besonders letztere Einsätze sind ungemein emotionsgeladen und stellen sogar oftmals die Highlights des Spiels dar.

Die standardisierten, formal lieblos gestalteten Nebenmissionen, der grösste Kritikpunkt des Vorgängers, sind zum Glück Vergangenheit. Sämtliche Einsätze – dauern sie auch nur wenige Minuten – werden mit einer individuellen kurzen Einführungs- und Schlusssequenz (sowie meistens rasanten Zwischensequenzen und mehreren auffindbaren Video- oder Audio-Logs) versehen, haben einzigartige Levelbauten und finden meistens in einer einzigartigen Umgebung statt. Es gibt nur wenige belanglose Einsätze, welche passenderweise versteckt auf den Planeten sind und durch Planeten-Scans erst gefunden werden müssen.
Generell hat Bioware ein noch filmhafteres, kurzweiligeres Erlebnis angestrebt und lässt weitere Rollenspielaspekte zugunsten eines erhöhten Spieltempos fallen, sodass Mass Effect 2 mehr denn je als Action-Adventure daherkommt. Es gibt nun keinerlei „Arbeit“ in Form von langen Laufwegen (das Level muss niemals zurückgelaufen werden, es gibt keine Missionen wo mehrere Male hin und her gelaufen werden muss und Figuren schreiben nun zum Dank oder zur Anfrage einfach E-Mails, statt einen an den entsprechenden Ort zu bestellen), Mikromanagement in der Gruppe (die Rollenspielanteile sind bis auf die Dialoge ohnehin noch weiter eingeschränkt worden) oder unübersichtlichen Schauplätzen und Levels mehr.
Das Ballern, das infolgedessen noch grösseres spielerisches Gewicht bekommt, wirkt entgegen der mitunter scheintoten KI und dem mittelmässigen taktischen Tiefgang noch spassiger als im Erstling. Verantwortlich dafür sind unter anderem das neue Deckungssystem (in Deckung gehen statt sichtverdeckendes Ducken), die grössere Gegnervielfalt, die Einführung von Waffenmagazinen (statt Überhitzungspausen) und die klasse Akustik (satte Waffengeräusche und treibende Musik). Hin und wieder wird es durch arg banale Minigames für Hacken oder Überbrücken kurz unterbrochen. Ebenso belanglos ist leider das Ressourcen-Sammeln durch mausgeführte Planeten-Scans geraten. Hier wäre das Sammeln mit dem Gefährt, das dieses Mal ganz weggelassen wurde, wieder sehr atmosphärisch gewesen – wenn es denn etwas interessanter gestaltet worden wäre als bei Mass Effect 1.
Weniger Umstände sollte die Tatsache machen, dass das Spiel trotz des dieses Mal ausbleibenden Geldüberflusses immer noch viel zu einfach ist, weil man nun glücklicherweise jeden der fünf Schwierigkeitsgrade bereits beim ersten Durchspielen jederzeit ändern kann.

Insgesamt merzt Bioware mit anderen Worten nahezu sämtliche grösseren Schwächen des Vorgängers aus. Nur eine aber umso gewichtigere Sache macht es bedeutend schlechter als dieser: die trilogieübergreifende Story. Wo beim Erstling die Hauptquests stets eng dem roten Faden der komplexen, existenziellen Hauptstory folgten und gerade deshalb begeisterten, bestehen die Hauptmissionen in der Fortsetzung vorwiegend aus Rekrutierungsmissionen bzw. Gefallen für die Gruppenmitglieder, welche zwar an sich grandiose Geschichten bieten aber auch eher für sich alleine stehen. Schlussendlich beschäftigt sich der Titel vielmehr mit den Folgen der Ereignisse des Erstlings und der Rekrutierung des Teams, anstatt die eigentliche Geschichte wendungsreich und rasant weiterzuerzählen. Die ganze Zeit rechnet man aufgrund der storytechnisch begeisternden Erfahrung mit dem Erstling und der grossartigen Missionen des zweiten Teils damit, dass Bioware noch was gebührendes im Petto hat, aber gerade Finale und Epilog erweisen sich als vergleichsweise enttäuschend. Sie sind viel zu kurz, unspektakulär und es fehlt ihnen an richtigen Überraschungen. Auf diese Weise bleibt bei Spielende ein etwas fahler Beigeschmack zurück.

Fazit: Cineastisch wie literarisch superlatives, nun düsteres, weiter entschlanktes Action-Adventure mit Rollenspielaspekten, das in erster Linie durch die einzelnen emotionsgeladenen Missionen und höhere Frequenz an dilemma-geplagten Dialogen mit epischen Konsequenzen als durch die ins stocken geratene trilogieübergreifende Story begeistert. Ein typischer mittlerer Teil einer Trilogie eben. Trotzdem Höchstwertung: sechs Punkte!

Mittwoch, 13. Januar 2010

Quickie: Wunschbesetzung des WarCraft-Films nach Filmstarts.de

Eigentlich fänd ich eine Verfilmung von StarCraft einiges erfrischender, nicht nur weil ich Sci-Fi lieber hab, sondern weil das StarCraft-Universum kein so ausgeprägtes filmisches bzw. literarisches Pendant hat wie jenes von WarCraft. Da jedoch mit Sam Raimi (Spiderman 1&2, Armee der Finsternis, Drag me to Hell) ein dynamischer Mann für den Regiestuhl verpflichtet werden konnte, bleibt die Filmumsetzung eine spannende Sache.
Filmstarts hat sich nun die Mühe gemacht und in einer witzigen wie passenden Bilderserie ihre Wunschbesetzungen für die Figuren präsentiert. Da diese darin auch beschrieben werden, ist die kommentierte Fotostrecke ebenfalls für Neulinge geeignet und weil ohnehin noch nicht feststeht welche Figuren überhaupt vorkommen, können auch "Trailer-Abstinentler" zumindest einen Blick wagen.

Samstag, 26. Dezember 2009

Avatar - Kurze Filmkritik (spoilerfrei)

Eigentlich hat die Story hat an und für sich nur wenig Überraschung anzubieten und die Figuren bleiben mitunter ziemlich blass. Trotzdem weiss einen der Film in seinen Bann zu ziehen, wie nur wenige "Blockbuster" der letzten Jahre.
Natürlich wäre da erstmal das erfrischende Setting, welches Fantasy und Sci-Fi so schön zusammenbringt. Die Gestaltung der Welt Pandora und deren Flora und Fauna ist schlicht phänomenal. Diese wird nur durch die berauschenden Animationen der Na'vi bzw. Na'vi-Formen der Menschen überboten, welche in Sachen Mimik eine Lebensechtheit und Ausdrucksstärke an den Tag legen, die man bei vergleichbarer Menschenähnlichkeit nur selten gesehen haben dürfte. Das Uncanny Valley wird meisterhaft umgangen, wie es vielleicht seit Gollum nicht mehr der Fall gewesen ist. Besonders Neytiri - meiner Meinung nach das eigentliche Herz des Films - hinterlässt auch von ihrer Figurenzeichnung her einen denkwürdigen Eindruck. Jake Sully gefällt eigentlich nur wirklich in seiner Na'vi-Form, was aber in erster Linie storybedingt bzw. funktional zur Message ist (Gefühle zeigen ja alle Menschen nur in blauer Haut).
Generell sieht man das immense Budget dem Film in jeder Einstellung und jeder Kamerafahrt deutlich an. Die Technik wird hier aber viel weniger zum Eigenzweck eingesetzt, als es bei Blockbustern so oft der Fall ist. Auf dreidimensionale Effekthascherei wird weitgehend verzichtet und die Action ordnet sich konsequent der wunderbar naturverbundenen Message unter, kommt aber alles andere als zu kurz. Zu was Altmeister Cameron in Sachen Spannung und Action fähig ist, dürfte jedem spätestens im letzten Drittel klar werden, wo diesbezüglich dermassen zugelegt wird, dass man minutenlang das Blinzeln "vergessen" kann. Das beste daran: das Geschehen bleibt die allermeiste Zeit glaubwürdig und nachvollziehbar und kommt ohne nervige augenscheinliche Unmöglichkeiten aus. Der Regisseur hat es ferner wieder einmal geschafft, mit seiner ebnenso rasanten wie vereinnahmenden Inszenierung trotz mittelmässiger (weil zu klassischer) Story und nebst einem bombastischen Spektakel einen Film auf die Beine zu stellen, der Charme, Herz und Seele hat.
Zwar ist die Message bzw. Weltanschauung kinderleicht direkt während der Rezeption zu verstehen, trotzdem bleibt der Zeigefinger angenehm im Hintergrund der Inszenierung eingewebt. Ich würde sagen es geht nicht in erster Linie darum zu zeigen, was alles so schlecht an der Menschheit ist, sondern was für eine märchenhaft mit dem Planeten ausbalancierte Lebensweise die Na'vi pflegen.

Fazit: Ein Film zum darin versinken. Trotz einiger Story- und Figurendefizite versetzt einen die ebenso rasante wie vereinnahmende Inszenierung, die berauschend lebensecht animierten Na'vi, die phänomenale Gestaltung der Welt Pandora und die angenehm unaufdringliche, wunderbar naturverbundene Message in einen tiefen Traum. Dafür gibts ne glatte sechs.